Zu Bukowskis Storys in “Pittsburgh Phil & Co”


Die meist zwischen 5-7 Seiten langen Storys dieses Bandes haben es in sich. Es kommen darin vor: Vergewaltigung, Mord, Verzweiflung, Schläge ins Gesicht, Elend, Alkohol, Sex, Kannibalen, Nazis, Misogynie etc.

Hätte mir jemand diese Liste vorgelegt und gesagt, ich würde so etwas gern lesen, ich hätte nie und nimmer dran geglaubt.
Dann kam Bukowski. Zunächst mit vielen Gedichten, hunderten Seiten voller Gedichte (ich halte Charles Bukowski für einen der besten Dichter überhaupt). Ich hatte lange sehr große Bedenken mich von diesem Genre wegzubewegen und mir seine Prosa anzusehen. Zunächst schien diese Angst vor Enttäuschung sogar berechtigt: der erste Roman, den ich von ihm las, “Das Liebesleben der Hyäne”, gefiel mir nicht besonders gut.
Trotzdem gab ich den Stories noch eine Chance. Und sie haben mich umgehauen.

Man kann viel über die Zärtlichkeit sprechen, die in den Storys von “Pittsburgh Phil & Co” liegt und man hätte wohl oft recht damit; doch hat es keinen Sinn zu verschweigen, dass diese Erzählungen teilweise furchtbare Sachen schildern. Schauderhaftes. Gräuel. Gewalt und Sinnlichkeit, die ganz dicht beieinander liegen. Geradezu Ungeheuerliches also. Und das alles prägnant und mit meisterlicher Direktheit.

Wie diese Geschichten es schaffen den Leser – selbst wenn er sich überhaupt nicht mit den Taten der Protagonisten identifizieren kann – mit ihren Themen in den Bann zu ziehen, kann ich nicht genau sagen. Oder vielleicht habe ich es schon gesagt. Es hat sicherlich etwas mit der Prägnanz und der Direktheit zu tun. Mit der Art wie vieles in den Storys als unausweichlich dargestellt wird. Es sind Schauder und Voyeurismus, die hier eine Rolle spielen.
Aber ich behaupte, das ist nicht alles. Man bleibt auch dran, liest weiter, weil man spürt, wie sich in all diesen Figuren etwas quält und regt, dass, egal wie sehr es pervertiert ist, doch seinen Ursprung in etwas zutiefst Menschlichem hat. Dass darin Zärtlichkeit und Grauen des Menschen liegen, in den Dingen, die wir miteinander tun wollen und uns dann teilweise gegenseitig antun, das hat Bukowski großartig im Hintergrund seiner Texte aufgespannt.

Von harten Männern und von Elend handeln diese Storys. Teilweise ist Henry Chinanski, Bukowskis alter Ego, der Protagonist, teilweise haben die Erzählungen aber auch andere Figuren und völlig chinanski-fremde Schauplätze und Themen – wie etwa Cowboys, Schaufensterpuppenliebe oder Einbrecher. Was sie alle vereint sind vielleicht the dark side of the american dream und die ebenso dunkle Seite des amerikanisch-männlichen Selbstverständnisses.

Es gibt sicher viele Leute, die moralisch etwas gegen Bukowskis Storys haben und auch meinen, man könnte moralische Einwände und Argumente gegen sie vorbringen. Ich bin mir da nicht so sicher. Ich bin gegen jede Verherrlichung von Gewalt, vor allem Gewalt gegen Frauen.
Doch ich finde in diesen Storys nichts, was mich glauben lässt, dass auch nur ein einziger Mann wegen ihnen rechtfertigen könnte, seine Frau zu schlagen. Ganz, ganz, ganz im Gegenteil.
Diese Erzählungen handeln vom “verschütteten Leben”, vom Absturz, vom Elend. Es gibt darin keinen Platz für Glorie, nie den Ansatz einer Rechtfertigung oder kruden Ideologie. Keine Bösewichte treten hier auf, sondern die Pein als vielfältig operierendes Gemeinsames, dass die Verlorenen unter den Menschen alle teilen.

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