Manifeste haben Hochkonjunktur – wie immer in Zeiten der Krise. Und in einer solchen befinden wir uns, auch wenn es die meisten in Westeuropa nicht wahrhaben wollen. Oder: nicht können, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt sind, sich über kommende, drohende, mögliche Krisen zu streiten. Dabei sind wir längst mitten drin.
Als Teil der letzten Generation, die noch ein bisschen im “Alles wird immer besser”-Zeitalter aufgewachsen ist, aber in den heutigen Zeiten der Aussichtslosigkeit sozialisiert und vor allem politisiert wurde, bin ich prädestiniert fürs Aufgeben. Die schlimmsten Verwerfungen des Klimawandels und der entsolidarisierten Gesellschaften werden mich eher nicht mehr betreffen, zumindest erst im hohen Alter; darüber hinaus habe ich eben noch die illusorischen Vorstellungen von der Welt kennengelernt, die für die älteren Generationen prägend waren und kann sogar verstehen, warum sie an diesen Illusionen festhalten wollen.
Es gibt also keine unmittelbaren Gründe zu handeln und ein geringer Glaube an ein Umdenken bei den älteren Generationen, deren Einischt aber gebraucht wird, um wirklich eine Wende in vielen Bereichen voranzutreiben. Zum Glück gibt es aber Bücher wie dieses, die eben nicht nur mit Fakten in die Debatte eingreifen, sondern sie gleichsam auch, anhand dieser Fakten, emotionalisieren.
In einigen Besprechungen zu diesem Buch wurde der Vorwurf laut, das Buch sei eine Art Abrechnung ohne Lösungsansatz. Dem kann ich nicht zustimmen. Ja, ich würde sogar behaupten, das ist eine fahrlässige oder von absichtlicher Ignoranz geprägte Unterstellung. Was all diesen Rezesent*innen wohl sauer aufgestoßen ist: dass die Autorin sich eindeutig links positioniert und keinen Hehl aus ihren mit dem Thema verbundenen Emotionen macht. Daraus wird ihr dann ein Strick gedreht, aber warum eigentlich?
So lange man die Fakten auf seiner Seite hat, ist Emotionalität kein Handikap. Ich verstehe auch nicht, warum man immer ruhig bleiben sollte, wenn man es mit Dummheit und Ignoranz zu tun hat, die bei all den Themen, die Heinisch behandelt, nicht gerade rare Ware sind. Warum sollen gerade die Dummen und Ignoranten die lautesten sein – wir brauchen kluge, junge Stimmen, die auch laut sind, solange sie wie Heinisch einen wertvollen und konstruktiven Beitrag zur Debatte leisten und die pessimistisch-zynische Kultur in intellektuellen Kreisen ordentlich aufmischen.