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Zu “Die drei Leben der Hannah Arendt” von Ken Krimstein


Die drei leben der Hannah Arendt

Sie war ein unabhängiger Geist und daran hat sie immer festgehalten, sich festgehalten. Bis heute sind ihr Werk und ihre Person umstritten. Sie war eine Philosophin, die die Philosophie hinter sich lassen wollte, Essayistin mit einem Hang zur Epik und eine jüdische Intellektuelle, die es sich mit den meisten anderen jüdischen Intellektuellen ihrer Zeit verscherzte. “Am Leben zu sein und zu denken ist ein und dasselbe”, so lautete ihre Überzeugung und sie hat viele Gedankengebäude in ihrem Leben ent- und verworfen, immer auf der Suche nach einer Wahrheit, aber letztlich mehr auf der Suche nach den Konsequenzen, die zu ziehen sind, aus dem, was geschieht – ohne falsche Scheu, ohne metaphysischen Über- oder Unterbau.

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In seiner Graphic Novel “Die drei Leben der Hannah Arendt” zeichnet Ken Krimstein den Weg der großen Denkerin nach, von der Jugend bis zu ihrem Tod. Im Prinzip ist das Buch eine bebilderte Biographie, gespickt mit einigen komischen bis faszinierenden Eigenheiten. Aufgebaut ist es sogar wie eine Autobiographie, denn erzählt wird immer aus der Perspektive von Arendt.

Der Stil des Comics ist der einer schnellen und doch ausgefeilten Bleistiftskizze. Die einzige Farbe, die dann und wann vorkommt, ist Grün; meist als Farbe des Kleidungsstücks von Arendt. Krimstein arbeitet viel mit Zitaten und inszeniert Arendt gerne im Zwiegespräch. Er hat außerdem einen Faible für Namedropping und immer wieder wird Arendt als Teil einer Runde von großen Namen dargestellt.

Darüber hinaus gelingt es ihm, ein sehr anschauliches und einfühlsames Bild von Arendts Leben und Denken zu zeichnen, mit allen Zweifeln und Fragwürdigkeiten. Ihre Obsession für Heidegger ist natürlich bspw. ein nicht ganz unwichtiges Motiv.

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Es wird aber vor allem deutlich, was für eine herausragende Gestalt Arendt tatsächlich war: eine der zentralen Wahrheitssuchenden ihres Zeitalters. Ein Zeitalter des Traditionsverfalls, in dem sich viele noch fester an Traditionen klammerten, während sie nach neuen Wegen suchte, nach neuen Ansätzen, neuem Umgang.

So lässt Krimstein sie am Tag des Kriegsendes, als alle anderen feiern, sagen: “In der Welt ist etwas im Gang, das die Menschen veranlasst, ihre eigene Freiheit zu kannibalisieren, und während sie dies tun, verwandeln sie andere Menschen in eine Deponie.”

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Sehr viel Raum gibt Krimstein der Darstellung ihrer Theorien zu Pluralität und Natalität, zu privatem und öffentlichem Raums. Eichmann und “Die Banalität des Bösen” lässt er, obgleich dieser Punkt natürlich behandelt wird, ein bisschen außen vor. Trotzdem hat man das Gefühl, zum Kern von Arendts Denken vorzustoßen.

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Letztlich ist es ein bemerkenswertes Buch, weil Krimstein ein fesselndes und doch sehr auf Arendts Philosophie eingehendes Portrait gelingt. Wo mancher Biograph vielleicht der Versuchung erlegen wäre, Arendts Leben vor allem entlang der Skandale und vor dem Hintergrund der Shoa und der Liason mit Heidegger zu inszenieren, setzt Krimstein lieber auf eine ausbalancierte und vielseitige Darstellung, die dem Denken ebenso viel Platz einräumt wie dem Leben.

“Aus dem Jenseits spricht Hannah Arendt zu uns: Obgleich das Leben in der Welt der Pluralität und Natalität kein Spaziergang ist, haben wir, wenn wir Auschwitz oder den Gulag oder die Mauer oder Pol Pot oder Gefängnisrevolten wie die von Attica oder der Isis vermeiden wollen, als Gattung keine Wahl, dieses anzunehmen und auszuhalten.

Mit anderen Worten: es gibt keine einzige Wahrheit. Keinen Königsweg des Verstandes, nur einen gloriosen, nie enden wollenden Schlamassel. Der nie enden wollende Schlamassel echter menschlicher Freiheit.”

Zu Italo Calvinos “Warum Klassiker lesen?”


Warum Klassiker lesen Italo Calvino war eine mannigfaltige und einzigartige Autorenpersönlichkeit. Man begegnet ihm an den unterschiedlichsten Orten – etwa in einem Buch über italienische Comickultur und in einer Agentenserie, in der ein männlicher Protagonist eines seiner Bücher im Flugzeug liest, dann aber auch in Studien zum metaexperimentellen und postmodernen Roman – und seine Werke stehen in den unterschiedlichsten Kontexten – in der Tradition von Oulipo, aber auch in der Tradition des italienischen Furioso und des magischen Realismus borgesker Prägung, der Widerstandsliteratur und einigen anderen – und aufgrund seines frühen Todes wird er gerne als verhinderter Nobelpreisträger genannt.

Viele seiner Bücher sind heute in Italien Volksgut und Schullektüre und erfreuen sich einer breiten Leser*innenschaft. Gleichzeitig sind sie oft unendlich komplex, was mit ihrer spielerischen Art auf einzigartig-verfängliche Weise in Zusammenhang steht. Calvino war ein großartiger Romancier und ein heiter-melancholischer Geschichtenerzähler, ein Tüftler und ein Metaphysiker.

Über sein eigenes Werk hinaus hat sich Calvino als Leser und Theoretiker einen Namen gemacht. Sein nur wenige Jahre vor seinem Tod publiziertes Werk „Kybernetik und Gespenster. Überlegungen zu Literatur und Gesellschaft“ legt davon ebenso Zeugnis ab wie die nach seinem Tod publizierten Harvard-Vorlesungen, die er nicht mehr halten konnte („Sechs Vorschläge für das nächste Jahrhundert“) und dieses Buch „Warum Klassiker lesen?“ mit Aufsätzen und Essays zu Büchern und Autoren.

Wer glaubt mit diesem Buch einfach nur auf eine weitere Leseanleitungssammlung zu den klassischen Texten gestoßen zu sein, der/die wird womöglich eine Überraschung erleben, wenn er/sie ein paar Seiten darin gelesen hat. Vielleicht wird er/ sie auch frustriert sein.
Denn zum einen Kreisen Calvinos Betrachtungen oft um Texte, die man als Klassiker nicht unbedingt auf dem Zettel hat (oder zumindest nicht als klassische Bücher von durchaus klassischen Autoren (leider sind es auch nur Bücher von männlichen Autoren)) und zum anderen kann man seine Ausführungen nur als „sprunghaft“ bezeichnen, so schnell saust er manchmal von Motiv zu Motiv oder klappt mit einem Mal eine ganze Gedankenpalette zu einem Gegenstand auf, die einem durch ihr dringliches Auftrumpfen mit allerlei Begriffen und Ideen schnell entgleitet und davonzurollen droht.

Dies klingt zunächst nach einer mühsamen Lektüre und es wäre auch ein Akt des Beschönigens, würde man Calvinos Essays als zugänglich und wohlstrukturiert bezeichnen. Dafür haben sie aber andere, furiose Qualitäten, die teilweise ihrem Chaos entspringen.
Zum einen zeigen sie auf nachhaltige Weise, wie komplex die Plots, Figuren und Motive von so unterschiedlichen Klassikern wie der Odyssee, Candide oder den Werken Raymond Queneaus sind, wie weit man sie in viele Richtungen denken kann. Er schildert diese Bücher nicht nur als große Geschichten, die man kennen sollte, sondern als Zugänge zur Welt, in denen Archetypen, wertvolle Vorstellungen und Problematiken das Licht der Welt erblickten, die uns jetzt, hier und heute, mehr denn je um die Ohren fliegen, sich in manchen Konflikterscheinungen und in vielen Darstellungen festgesetzt haben. Es gelingt ihm die ganze Besonderheit von vielen Autoren und ihren (oft unbekannteren) Werken hervorzukehren, umständlich manchmal, aber letztlich bestechend.

Denn die Texte sprühen zum anderen vor Begeisterung. Manchmal ein bisschen zu viel und hoch, das man fast die Augen abwenden muss. Aber das Gute daran ist: es geht ja auch nicht darum, ein Buch wirklich erklärt zu bekommen (dazu reichte ein Essay ja nicht aus), sondern darum, einen Eindruck zu bekommen und im besten Fall einen Initiationsmoment zu erleben, der einen dazu bringt, das Buch selbst zu lesen. Und dafür sind diese Texte mehr als geeignet, gerade weil sie vielleicht nach ein paar Sätzen schon übersprudeln und man sie nicht zu Ende liest – derweil man trotzdem fasziniert ist von dem Bild des Buches, das Calvino schon in den wenigen Zeilen skizziert und illuminiert hat.

Nicht alle Texte aus diesem Buch sind lesenswert. Manche sind bestimmten Lieblingsbüchern von Calvino gewidmet, die wohl kein/e andere/r Leser*in, vor allem nicht ohne Kenntnis des Italienischen, so begeistert lesen wird. Dafür gibt es Texte (bspw. zur Odyssee, zu Denis Diderot, zu Charles Dickens und Mark Twain), die wirklich großartig sind, ungeordnet und überladen, aber eine Reise wert, die vielleicht keinen Ursprungsgedanken verfolgt oder ein klares Ziel vor Augen hat, aber die pure Freude am Entdecken und Beobachten der vielen Stärken und Einzigartigkeiten der Bücher zum Ausdruck bringt und damit die Bedeutung und Schönheit dieser Facetten hervorhebt.

Keines von Calvinos Büchern ist leichte Kost, aus unterschiedlichen Gründen. Aber wer Bücher sucht, die einen etwas aufhalten, aber dabei auch zu ganz vielen Anregungen führen, zu Rätseln und kleinen Offenbarungen, denen Aberwitz und Nachdenklichkeit innewohnen und die einem vieles im gleichen Moment erzählen, der wird hier fündig werden – in diesem Buch und im ganzen Werk von Italo Calvino.

 

Zu “Jennifer Blood 2 – Frühjahrsputz”


Frühjahrsputz Eigentlich war ja alles geklärt, alle Onkel waren erledigt, der Vater gerächt, die Woche vorbei und es könnte nach all dem Stress ein wunderbarer Sonntag auf dem Programm stehen. Aber nicht nur vergisst Jen (alias Jennifer Blood), die Hausfrau und Mutter mit der Nightime-Rächerin/Killerin-Persönlichkeit, die Waffenkammer im Keller fachgerecht zu schließen (woraufhin der Sohn sie findet), zusätzlich gibt es neuen Ärger wegen des albernen Cheerleader/Ninja-Killerkommandos, das sie während ihrem Rachefeldzug mal eben ausgeschaltet hatte, denn deren Eltern sind nun plötzlich ihrerseits auf Rache aus; außerdem rückt ihr die Polizei etwas näher auf die Pelle. Alle wollen also Jennifer Blood und das fast schon totgeglaubte Alias hat plötzlich wieder jede Menge zu tun…

Garth Ennis, Creater von Jennifer Blood, gab für die Issues #7-12 den Stab an Al Ewing weiter (und kehrte später zurück). Ewing (unterstützt von Kewher Ball, der bereits #5-6 gezeichnet hatte, und Eman Casallos bei #9) gelingt es erstaunlich gut, die abgedrehte und glatte Coolness von Ennis aufzugreifen und mit einer etwas komplexeren Storystruktur zu kombinieren. Auch bei ihm krankt der Comic noch immer an einigen Diskrepanzen, besonders was die Motivation mancher Figuren betrifft (z.B. scheinen die Eltern der Cheerleader nicht wirklich an Rache interessiert zu sein, mehr so als täten sie dergleichen aus Gewohnheit/Pflichtbewusstsein). Auch hat Jen wieder leichtes Spiel mit allen ihren Opfern. Aber statt sie einfach nur als aalglatte Killerin darzustellen, zeigt Ewing geschickt auf, dass sie auch viel von einer Psychopathin hat und ihre Rechtfertigungen für die neuen Gewaltausbrüche im besten Fall dürftig sind, nicht nur provisorisch, sondern vielleicht auch schlicht heuchlerisch.

Auch einige zwischenmenschliche Dimensionen bekommen endlich etwas Tiefe und Jens Familie ist nicht mehr komplett zum Statistendasein verdammt. Es gibt wieder einige witzig-gewöhnungsbedürftige Gags und Verrücktheiten, wirklich abgründig wird das Werk aber nie, höchstens die Figur Jennifer Blood. Viele sympathische Figuren und spannende Stränge gehen schließlich in Jens durchgestylten Actioneinsätzen unter.

Wieder sechs Tage im Leben von Jennifer Blood, turbulent, gnadenlos, spritzig und teilweise etwas antiklimaktisch. In mancher Hinsicht kündigen sich in diesem Band einige Entwicklungen an, die zumindest noch für einen dritten spannenden Band sorgen könnten und für Fans von Action mit ein bisschen gelungenem Drumherum ist der Band durchaus zu empfehlen. Wer übertrieben taffe Frauen als Comicfiguren mag, dem wird Jennifer Blood eh gefallen.

Fazit:

Lesenswert:
🌟 🌟 🌟
Grafik:
🌟 🌟 🌟 🌟
Story:
🌟 🌟 🌟 🌟
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟

Zu “Crimson Empire II”


Crimson Empire 2 (Vorweg: allen Fans und Interessierten empfehle ich diese Liste für einen Gesamtüberblick zu den Büchern und Comics des erweiterten Star Wars Universums)

Während die Rebellion, bzw. Neue Allianz nach der Zerschlagung von Palpatines letzter grausamer Regentschaft entgültig die zentrale Macht in der Galaxie darstellt, ist das Imperium in zwistige und undurchsichtige innere Machtkämpfe verstrickt. Mit Carnor Jax ist ein weiterer “neuer Imperator” gestürzt worden, diesmal allerdings nicht durch die Rebellion, sondern durch den letzten Mann, der sich Palpatine noch verpflichtet fühlt: Kir Kanos, der zugleich auch der letzte Überlebende aus Palpatines Ehrengarade ist. Jetzt hat er es auf die Leute abgesehen, die Jax bei seinem Putsch den Rücken deckten: die Verräter aus dem provisorischen Rat des Restimperiums.

Doch mittlerweile hat die Intrige um die Herrschaftsfolge im Imperium bereits wieder neue Teilnehmer und Mitspieler bekommen. Dazu gehören neben den Angehörigen des provisorischen Rates auch ein Hutt und ein geheimnisvoller schwarzgekleideter Mann, der hinter den Fronten Strippen zieht und fleißig manipuliert. Und es scheint beinahe so, als würde jemand Kanos die Arbeit abnehmen wollen, denn bald schon sterben einige schwer bewachte Ratsmitglieder – wofür  Kanos selbstredend verantwortlich gemacht wird. Zu seiner Jagd auf den Rat und seinem ungeklärten Verhältnis zu der Rebellenanführerin Mirith, gesellt sich jetzt noch zusätzlich ein vom Imperium ausgesetztes Kopfgeld, für das sich jeder Verbrecher einen ganzen Planeten kaufen könnte…

Weiter noch als im ersten Teil, erstreckt sich die Handlung von CE 2 auf verschiedene Orte und bindet sehr viele Fraktionen ein, vom Imperium über die schwarze Sonne bis zur Rebellenallianz und versucht komplexe Interessenstrukturen abzubilden. Kir Kanos steht weniger im Rampenlicht als noch im ersten Teil, dafür wird man immer wieder Zeuge der äußerst nebulösen Ränkeschmiedereien im provisorischen Rat, die teilweise spannend sind, teilweise überstrapaziert werden.

Insgesamt wird nicht auf neue Innovationsimpulse, sondern das bereits eingerichtete Setting gesetzt, die Handlung ist für einen Star-Wars-Comic erstaunlich differenziert aufgezogen. Doch obwohl dieses Werk in der Star Wars Chronologie gerade wegen seiner Einblicke in die imperiale Politik nach Palpatine sicherlich interessant ist, kann es sich doch nicht ganz entscheiden, wem es sich mehr verpflichtet fühlt: der Aufklärung über die Intrigen und Geschehnisse im Zentrum der imperialen Macht oder seinem Hauptcharakter Kir Kanos.

Fazit:

Wichtigkeit für die Star-Wars-EU-Chronologie:
🌟 🌟 🌟
Grafik:
🌟 🌟 🌟 🌟 (nicht genial, aber doch sehr gut)
Story:
🌟 🌟 🌟 🌟 (gelungen)
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟 🌟 (Es empfiehlt sich die Hardcover Ausgabe aus der Star-Wars-Kollektion zu nehmen, aber auch die Sonderband-Ausgabe erhält vier Sterne)

Zu “Crimson Empire”


Crimson Empire (Vorweg: allen Fans und Interessierten empfehle ich diese Liste für einen Gesamtüberblick zu den Büchern und Comics des erweiterten Star Wars Universums)

Durch das Erweiterte Universum (EU) der Romane und Comics, die im Star Wars Kosmos angesiedelt sind, werden den Leser*innen (neben Geschichten über alte und neue Helden der Rebellion und der Jedi-Ritter), auch vermehrt die Charaktere und Helden der dunklen Seite der Macht, sprich der Sith und des Imperiums, näher gebracht. Zu ihnen zählen der gerissene Großadmiral Thrawn , Mara Jade (siehe: “Mara Jade – Die Hand des Imperators”) oder es wurde, wie z.B. im Fall Darth Maul (siehe: “Der Schattenjäger”), die Figur noch vertieft.

Crimon Empire ist eine sehr eigenständige Geschichte, die fast ohne die Auftritte bekannterer Figuren auskommt (und immerhin zwei Fortsetzungen nach sich zog), schließt aber andererseits an die Reihe Das Dunkle Imperium, also die Auferstehung und den erneuten Niedergang des Imperators Palpatine, an.

Das letzte überlebende Mitglied von Palpatines loyaler Leib- und Ehrengarde, Kir Kanos, weiterhin treu dem Eid, den er auf den Imperator geschworen hat, streift fast vergessen durchs Universum, in dem sich gerade eine neue Republik herausbildet, während der imperiale Machtblock sich innerhalb seiner eigenen Regierung um die Machtverteilung streitet (mehr Informationen um das Drum Herum erfährt man allerdings größtenteils aus dem Handbuch zu der Serie, im Deutschen nur abgedruckt im Anhang zu “Crimson Empire 2”).

Kir ist auf der Suche nach dem Mann, der sie alle, den Imperator und seine Brüder von der Garde, verraten und indirekt getötet hat: Carnor Jax, mittlerweile einer der mächtigsten Anführer des Restimperiums. Kir Kanos will nicht eher ruhen, bis er und seine Mitverschwörer vom provisorischen Rat tot sind. Doch obwohl er diesen letzten Dienst für den Imperator im Alleingang erledigen will, kommt ihm neben dem Imperium auch noch eine schöne Anführerin der Rebellenallianz in die Quere; ein Ärgernis, das auch seine Prinzipien gefährdet …

Crimson Empire ist ein Perle des EU und zugleich eine sehr gut ausbalancierte Kombination aus innovativer Story-Line und altbewährten StarWars-Elementen. Interessante Rückblicke wechseln sich mit Kampfszenen und zwischenmenschlichen Highlights ab, es gibt vielen Wendungen und einige Überraschungen. Alles in allem: eine der besten Comicstorys, die Star Wars zu bieten hat.

Fazit:

Wichtigkeit für die Star-Wars-EU-Chronologie:
🌟 🌟 🌟
Grafik:
🌟 🌟 🌟 🌟 (nicht genial, aber doch sehr gut)
Story:
🌟 🌟 🌟 🌟 🌟 (einmalig)
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟 🌟 (Es empfiehlt sich die Hardcover Ausgabe aus der Star-Wars-Kollektion zu nehmen, aber auch die Sonderband oder Master-Ausgaben erhalten vier Sterne)

Zu “Jennifer Blood I – Selbst ist die Frau”


Jennifer Blood I Wäre Jennifer Blood ein Film, würde er wohl niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, schließlich gibt es schon einige von dieser Machart: Frau/Mann rächt den Tod von Liebsten/nahen Verwandten, in dem sie nach und nach alle Killer*innen und Mitverschwörer*innen umbringt, schön der Reihe nach, möglichst erbarmungslos und rücksichtslos, unbeirrt, manchmal mit ihren eigenen Waffen, in ihren eigenen Umgebungen, dabei stets die Souveränität in Person. Uma Thurman lässt grüßen. Garth Ennis zieht das Ganze nicht wirklich neu auf und liefert solide Kost, mit vielen kleinen Bösartigkeiten und Gags.

Zusätzlich zu ihrem Rachefeldzug führt Jen (alias Jennifer Blood) noch ein Doppelleben: sie hat einen braven, vogelverrückten Mann und zwei Kinder im Grundschulalter, die allerdings im Verlauf der Ausgaben #1-6, die in dieser deutschen Edition zusammengefasst sind, nur als idyllische Kontrapunkte zu ihren nächtlichen Racheakten eine Rolle spielen, wirklich viel Persönlichkeit haben sie nicht. Jen will ihnen eine liebende Mutter/verlässliche Frau sein, doch in der Woche, in der wir sie begleiten dürfen (der Off-Text ist in großen Teilen ein Tagebuch, das Jen über den Fortgang ihre Racheakte führt) ist sie trotzdem jede Nacht unterwegs, um einen weiteren ihrer “Onkel” zu töten …

Wieso es Onkel sind und warum sie es auf sie abgesehen hat, erfahren wir Stück für Stück und erst ganz am Ende ergibt sich ein vollständiges Bild. Es ist zwar nicht direkt raffiniert, aber schon ordentlich, wie Ennis die einzelnen Kapitel und gleichsam den größeren Bogen inszeniert (er greift dabei auf manch altbewährte Schnörkel zurück, so haben bspw. die einzelnen Tage jeweils einen Songnamen als Motto). Er nimmt sich, wie bereits erwähnt, immer wieder Zeit für ein paar morbide Späße oder erschafft Gelegenheiten, in denen Jen ihre toughness einmal mehr unter Beweis stellen kann.

Psychologisch können der Charakter Jennifer Blood und der Verlauf der Handlung nicht wirklich überzeugen, dafür wirkt alles zu aalglatt, für Ambivalenzen bleibt zu wenig Raum. Dafür steigert sich die Serie, fachgerecht, mit jedem neuen Heft in Sachen Explosivität und Gewaltpotenzial – spätestens ab #3 ist es nichts mehr für schwache Nerven.

Graphisch sind die ersten drei Hefte mit Adriano Batista gelungen, gut schattiert und kantig, Marco Marz vierten Teil mit feineren Linien finde ich allerdings am besten, Kewber Baals Teile #5 und #6 sind eine Art Kompromiss aus den Stilen seiner beiden Vorgänger.

Alles in allem: wer eine fetzige, stylische und vor Kugeln und Blut nur so knallende Serie mit einer Powerfrau in der Hauptrolle sucht (die einen Fetisch für Waffen und coole Outfits und keine Scheu vor jeder Art von Gewaltanwendung hat), dem kann man Jennifer Blood wohl bedenkenlos empfehlen. Abgesehen von dieser soliden Kost und einem guten Aufbau bietet die Story allerdings wenig Eigenständiges, die Heldin hat keinen Knacks, es gibt keine Höhepunkte, hauptsächlich Prozedere, auch keine spannenden oder interessanten Wendungen. Graphisch ist alles gut bis sehr gut.

Fazit:

Lesenswert:
🌟 🌟 🌟
Grafik:
🌟 🌟 🌟 🌟
Story:
🌟 🌟 🌟
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟 (leider löste sich bei mir sehr früh ein Teil der Seiten vom Einband)

Zu Joachim Kalkas kleiner Hommage “Peanuts – auf 100 Seiten”


100 Seiten Peanuts “Der folgende Versuch, wesentliche Elemente des Peanuts-Strips zusammenzustellen, bedient sich in etwa des Verfahrens, das in der Ethnologie als thick description bekannt ist – nicht durch eine abstrakt-theoretische Organisation des Materials, sondern durch die “dichte Beschreibung”, eine Akkumulation von Details kommen Aussagen zustande. Während bestimmte Entwicklungen und Veränderungen skizziert werden, wird der Strip in der Hauptsache als eine konstante “mythologische” Narration aufgefasst, eine stabile, ja: in ihrem letzten Grunde unveränderliche Welt.”

Kann man dem Phänomen Peanuts auf nur hundert Seiten gerecht werden? Joachim Kalka beweist, dass das nicht nur möglich ist, sondern Spaß macht und nostalgische und begehrliche Gefühle hervorbringt. Begehrlich im Sinne von: wieviel kostet denn eine Gesamtausgabe von den Peanuts, lass doch mal schauen…

Natürlich ersetzt dieses Buch keine umfassende Biographie des Zeichners Charles M. Schulz oder eine Enzyklopädie seines Werkes. Aber auf seinem begrenzten Raum leistet es Erstaunliches, auf beiden Gebieten.

Wie in der Vorrede angekündigt, wirft der Autor Schlag- und Streiflichter auf die Welt von Charlie Brown, Snoopy und Co. Phänomene wie Snoopys Tagträume, Running-Gags und die Jahreszeitenorientierung, eine Handvoll wiederkehrender Situationen und Aufhänger, die Beziehungen der Figuren untereinander, werden in kleinen Beispielen (auf Englisch und zusätzlich übersetzt) zitiert und aufbereitet und auch kurz interpretiert und die größeren Kontexte inner- und außerhalb der Comicwelt eingebunden; mit Esprit und nicht erschöpfend.

So entsteht ein Buch, das die Essenz der Peanuts-Strips auf wunderbare Weise einfängt, ohne große Lobeshymnen anzustimmen – der Kosmos bekommt die Gelegenheit, mit all seinen Finessen für sich selbst zu sprechen. Wer nach diesem Buch keine Lust hat Peanuts zu lesen, der kann getrost die Zukunft seiner Lektüre ohne sie planen. Alle Fans von Comic-Strips wie den Peanuts, Garfield, Calvin & Hobbes etc. sollten das Büchlein lesen: hier wird dieses Genre und unsere Freude daran auf schöne Art gewürdigt.

Zu “Das goldene Zeitalter der Sith”


Goldene Zeitalter der Sith In den Spielfilmen, die bisher erschienen sind, wird die Bezeichnung Sith fast ausschließlich für Jedi-Ritter verwendet, die zur dunklen Seite übergetreten sind. Doch wer oder was waren/sind die Sith ursprünglich? Eine Rasse, eine Religion, eine Einstellung zur Macht? Alles drei? Und wie kamen die Sith zum ersten Mal mit den Jedi in Kontakt?

Diese Fragen sind es vor allem, auf die dieser Comic, der 5000 Jahre vor der Schlacht von Yavin spielt, Antworten gibt (er entstand 1997, als der Vorfreude-Hype um Episode 1 bereits eingesetzt hatte). Zu diesem Zeitpunkt ist das Hyperraumreisen bereits üblich, allerdings findet es sehr selten abseits genau markierter Routen statt. Neue Routen zu suchen und zu kartographieren ist also eine profitable, aber oftmals auch eine gefährliche Angelegenheit. Ein Geschwisterpaar wird schließlich, bei ihrem Versuch in neue Welten vorzustoßen, mit ihrer Entdeckung des Sith-Imperiums den Anfang aller Kriege zwischen Jedi und Sith einläuten.

Die Jedi-Ritter sind in “Das goldene Zeitalter der Sith” zwar schon Hüter der Freiheit und des Gesetzes, die Verzahnung mit dem Apparat der neuen Republik scheint allerdings noch deutlich schwächer zu sein, als zu Zeiten von Episode I. Vor vielen Jahren spaltete sich der Orden beim großen Schisma und die dunklen Jedi wurden in unbekannte Regionen verbannt und sind beinahe schon vergessen.

Obwohl diese Comics den bisher frühsten auserzählten Teil der Chronologie von Star Wars darstellen, sind sie nicht der Anfang von allem, aber in ihnen beginnt der Prozess, dessen Vollendung und Abschluss erst mit Palpatine und seiner Zerschlagung der Republik, sowie der Errichtung des Imperiums erreicht wird.

Als eben dieser Ausgangspunkt, als große Klammer, in der alle Entwicklungen und Kämpfe des Sith- und des Jedi-Ordens gefasst sind, hat dieser Comic also eine wesentliche Bedeutung und ist zurecht ein Klassiker. Er und seine Nachfolger machten Star Wars (bevor Disney kam) zu etwas viel Weitreichenderem und gaben dem Erweiterten Universum abseits aller Abenteuer, Legenden und Kämpfe auch eine Chronologie, eine Historie, die zu verfolgen sich lohnte.

Dass das Star Wars Universum nach seiner Entstehung eine eigenen Dynamik aufnahm und sich so kolossal erweiterte, lag sicherlich vor allem an einigen sehr attraktiven Faktoren. So baute sein Kosmos, seine ganze Struktur, nicht auf einer kommenden Zukunft der Menschheit (wie so viele andere Sci-Fi Serien) auf, sondern stellte ein komplett autonomes Universum dar, mit vielen unterschiedlichen Möglichkeiten zur Erweiterung.
Mit der Macht und ihrer Unterscheidung in Gut Böse, den Jedi, Laserschwertern und v.a. Dingen waren bereits wesentliche Grundsteine für ein nahezu endloses und doch glaubwürdiges Konflikt- und Abenteuerpotential geschaffen – und zuletzt waren noch so viele Herkünfte und geschichtliche Abläufe nach den klassischen Trilogien (in denen sie angeschnitten wurden) ungeklärt geblieben, sodass die Filme geradezu nach einer Erweiterung zu schreien schienen.

Gelungen war die Erweiterung von George Lucas Erfindung, die in ihren besten Ausformungen so gut die Gratwanderung zwischen Mystischem und Epischem zu meister weiß, letztendlich wegen der strikten Vorlage, dass alle Bücher und Comics und Spiele entweder in die Chronologie des Ganzen passen mussten oder klar als alternative/parodistische/oder sonst fremde Stränge gekennzeichnet wurden

Eine der gelungensten Erweiterungen ist sicherlich dieser Comic.

Fazit:

Wichtigkeit für die Star-Wars-EU-Chronologie
🌟 🌟 🌟 🌟 🌟 
Grafik:  
🌟 🌟 🌟 🌟  (teilweise etwas schwammig)
Story:
🌟 🌟 🌟 🌟  (wendungsreich, aber nicht atemberaubend)
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟  (in der aktuellsten Version als Star-Wars-Essentials der übliche Paperbackeinband von Panini, gute Qualität)

Zu “Schatten des Imperiums”


Star Wars Schatten des Imperiums (Vorweg: allen Fans des EU von Star Wars empfehle ich diese Liste zum Gesamtüberblick)

“Schatten des Imperiums”: eine der wenigen Nicht-Film-Geschichten des Star Wars Universums, die Kult-Status erlangte. Es ist außerdem eines der wenigen Star Wars-Projekte außerhalb der Filmtrilogien, dem dieselbe epische Faszination innewohnt und dessen Feeling nah an die Filme heranreicht. 

Dies resultiert sicherlich daraus, dass man die Geschichten um Dash Rendar, Prinz Xizor, Boba Fett und die bildschöne Attentäterdroidin Guri sowohl lesen (in Form von Buch & Comic), als auch selbst (aus der Perspektive Rendars) nachspielen konnte (im PC-Spiel “Shadows of the Empire”). Jedes Medium bietet dabei einen etwas anderen Einblick in die Geschichte, die den Zeitraum zwischen Episode 5 & 6 beleuchtet.

Während das Game Dash Rendar in den Mittelpunkt rückt und das Buch die Fehde zwischen Prinz Xizor und Darth Vader, so wie deren Jagd nach Luke Skywalker erzählt, konzentriert sich der Comic sehr auf die Kopfgeldjägerjagd auf Boba Fett und seine wertvolle Beute, den in Karbonit eingefrorenen Han Solo. 

Der Kampf zwischen Vader und Xizor, um die Gunst des Imperators wird allerdings ebenfalls verhandelt. Während Vader nach Luke suchen lässt, um ihn lebend für die dunkle Seite zu gewinnen, ist der gerissene Xizor, der sich als Anführer der zwielichtigen Verbrecher-Organisation Schwarze Sonne beiden Seiten gegenüber scheinverpflichtet, darauf aus, Luke zu töten und Vader somit in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. In all dem Chaos Versuchen Luke, Lea und Lando ihre Suche nach Han voranzutreiben, wofür sie verhängnisvoller Weise auch die Hilfe von Xizor in Anspruch nehmen …

Schatten des Imperiums ist, obwohl es die Lücke zwischen Episode 5 und 6 schließt, eine sehr eigenständige und facettenreiche Geschichte. Nicht nur die ambivalente Beziehung zwischen Vader und dem Imperator kommt hier zu Vorschein (und nach den Ereignissen in der Prequel-Trilogie ist diese Ambivalenz nur allzu verständlich), auch Boba Fett macht seinem Ruf alle Ehre und ist hier in der Rolle seines Lebens . Und auch wenn die tolle Figur Dash Rendars etwas zu kurz kommt und die Suche nach Han etwas dürftig und oberflächlich bleibt (im Gegensatz zum Roman), hat die ganze Geschichte etwas sehr Fesselndes.

Für alle, die eine neue und dennoch alte Geschichte aus dem Star Wars Universum erleben wollen, ist Schatten des Imperiums eine der wenigen Gelegenheiten. Es kann auf keinen Fall schaden, den Roman vielleicht vorher zu lesen – und nachher das Spiel zu spielen, wenn man Lust hat.

P.S.: Es gibt auch eine nette Fortsetzung, in der der Charakter Guri ins Rampenlicht rückt, wenn auch von der Geschichte her nicht ganz so episch und gut: “Schatten des Imperiums: Evolution”.

Fazit:

Wichtigkeit für die Star-Wars-EU-Chronologie
🌟 🌟 🌟 🌟
Grafik:  
🌟 🌟 🌟 🌟
Story:
🌟 🌟 🌟 🌟 🌟 (einmalig)
Aufmachung:
🌟 🌟 🌟 🌟 (In der Essentials-Version gute Paperbackqualität, in der Star Wars Comic Kollektion-Version guter Einband, schlechtere Qualität bei den Farben)