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Neuer Gedichtband


Beim Aphaia Verlag ist dieser Tage ein neuer Gedichtband erschienen, Titel: Nachumahmungen.

Link mit Beispielgedicht: https://aphaia.de/produkt/nachumahmungen-timo-brandt

Wenn jemand den Band mit Widmung über mich beziehen will, schreibt mir einfach an timo.brandt.7@gmx.de

Ungefiltert: Liebeskummer und Depression


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„mein erster schwarm war Benny »Düsenjet« Rodriguez. dieser junge rannte so schnell, dass er zu fuß fliegen konnte. wäre ich ein tier, dann ein kolibri. wenn ich kolibri sage, meine ich, zuweilen vergessen meine hände, wie man etwas hält, werden zu zwei teetassen in einem erdbeben. ich bin ein gerassel zersplitterter knochen. wenn ich sage: mein körper, meine ich offene eingeweide und noch einiges mehr. […] sitzt du je am ende eines bettes und lauschst der drehung der welt? ich höre dieses lied überall. wenn ich sage: dieses lied, meine ich die zeit. die zeit ist eine heilige katastrophe in gestalt geerbter zifferblätter, die nicht zu meinen handgelenken passen. das einzige instrument, das ich zu spielen weiß, ist ein muskel. ich mag meinen körper am meisten, wenn ich mich nicht sorge, wie viel platz er einnimmt.“

Es war ein einziger Auftritt, der die Kanadierin Sabrina Benaim auf einen Schlag berühmt machte. 2015 trat sie beim NPS (National Poetry Slam) auf und trug dort ihr Gedicht „explaining my depression to my mother/wie ich meiner mutter meine depression erkläre“ vor. Bis heute wurde das Video des Auftritts 9,3 Millionen Mal angeklickt.

Im Video ist eine Performerin zu sehen, die mit ihrem Gedicht zu ringen scheint und es doch mit aller Leidenschaft vorträgt; eine Intensität, eine Unbedingtheit liegt in ihrer Stimme, die bricht und dann wieder hervorbricht, hinter der man (auch wenn es eine Performance sein mag) Angst in großen Wellen anbranden hört. Es ist beeindruckend und schmerzhaft, sich diesen drei Minuten und dreiunddreißig Sekunden langen Dialog anzuhören. Ein kleiner Ausschnitt:

“mom,
my depression is a shapeshifter
one day it’s as small as a firefly in the palm of a bear
the next it’s the bear
on those days I play dead until the bear leaves me alone/

mom,
meine depression ist eine gestaltwandlerin;
an einem tag ist sie so klein wie ein glühwürmchen in der tatze eines bären,
am nächsten ist sie der bär.
an solchen tagen stelle ich mich tot, bis mich der bär in ruhe lässt.

[…]

anxiety is the cousin visiting from out of town
that depression felt obligated to invite to the party.
mom, I am the party.
only I am a party I don’t want to be at./

die angst ist der cousin, der von außerhalb der stadt zu besuch kommt,
und die depression fühlt sich verpflichtet, ihn zur party mitzubringen.
mom, ich bin die party!
nur bin ich eine party, auf der ich nicht sein will.“

(auf Englisch kann man das ganze Gedicht hier nachlesen;)

2017 erschien dann „Depression & Other Magic Tricks“. Der Titel wurde bei der deutschen Ausgabe (aus mir persönlich unbegreiflichen Gründen) geändert in „Das Leben und andere Zaubertricks“. Möglicherweise wollte man das Wort Depression umgehen (wobei es ja trotzdem auf dem Cover steht, als Teil des englischen Originaltitels). Was absurd wäre, wenn man bedenkt, dass es in Benaims bekanntesten Gedicht und auch in anderen Texten in dem Band darum geht, Tabus zu überwinden, ungefiltert über Schmerz und Angst und mental health zu sprechen, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Verharmlosung, die in der deutschen Übersetzung des Titels stattfindet, untergräbt außerdem dessen Ambivalenz.

Denn natürlich ist Depression kein Zaubertrick (das Leben auch nicht). Die Übersetzung von „magic trick“ trägt hier (meiner Meinung nach) zusätzlich zur Beschönigung bei. Zaubertrick – in dem Wort steckt etwas Schelmisches, Kindliches, aber auch Virtuoses und zu wenig von der Fremd- und Selbsttäuschung, die die das Wort ausdrücken soll. In Übersetzungen wie „andere Tricks/andere (dunkle) Täuschungen“ sähe ich mehr von der ursprünglichen Ambivalenz herübergerettet.

„an den tagen, da ich aufwache
& mein name ein beschönigendes wort ist
für deprimiert oder ängstlich oder was auch immer,
trinke ich meinen kaffee, während die unbelebten gegenstände
in meiner wohnung zu mir sprechen.

[…]

was man dir nicht sagt über selbstpflege:
dass sie dir das gefühl geben kann, der coach zu sein,
der spielführer & jeder … andere … spieler.
oh, & das maskottchen.
sie kann dir das gefühl geben, vornehmlich das maskottchen zu sein.“

Benaims Gedichte haben eben auch nichts Lockerleichtes, Selbstbewährtes. Vielmehr sind sie aufwühlende und nachhaltige Auseinandersetzungen. Nicht nur mit Depressionen, sondern auch mit der Abwesenheit des Vaters, unerwiderter Liebe und (physischer) Krankheit. Es sind schonungslose Reflexionen über das eigene Befinden und den Umgang damit; über die Mechanismen, in denen man gefangen ist. Manchmal ist ihre Bildsprache wuchtig und originell, dann wieder zart und sehr gemäßigt.

Dieser Wechsel ist ein bisschen so, als würde jemanden ein furioses, heftiges Klaviersolo spielen und dann plötzlich herumklimpern, melodisch zwar, aber sehr langsam, fast ohne Dynamik, sich vorantastend. Es gibt Gedichte von Benaim, die ein fortlaufender Prosatext  (wie das Gedichtbeispiel am Anfang) und andere, die lediglich so etwas wie kleine Notizen sind. Zwischen diesen Polen, zwischen Expressivität und Vorsicht springt ihre Sprache hin und her, mal nur ein Funke, mal ein unter Hochspannung gesetzter, leuchtender Kreislauf.

„ich befinde mich im lebensmittelgeschäft, weil ich traurig bin. ich
bin traurig, weil niemand in mich verliebt ist. niemand ist in mich ver-
liebt, aber jeder liebt mich. jeder liebt mich, weil ich gut darin bin, men-
schen ein gutes gefühl zu geben. ich bin gut darin menschen ein gutes
gefühl zu geben, weil ich häufig an mir selbst gearbeitet habe. ich arbei-
te an mir selbst, weil ich häufig traurig bin. ich bin häufig traurig, aber
wenn ich menschen ein gutes gefühl gebe, fühle auch ich mich für eine
kleine weile gut. ich fühle mich für eine kleine weile gut, bis ich einsam
werde.“

Ich würde Sabrina Benaim zu einer Gruppe von Dichterinnen und Performerinnen zählen, die in den letzten Jahren durch Texte und Auftritte gleichermaßen auf sich aufmerksam gemacht haben (wie etwa auch Koleka Putuma, von der 2019 ein starker Band bei Wunderhorn erschien, oder auch Kate Tempest, deren Bücher regelmäßig im Suhrkamp Verlag erscheinen). Bei allen drei genannten Beispielen haben die Texte einen starken politischen Aspekt, setzen sich mit Homophobie, Rassismus (Putuma), Kapitalismus, Entfremdung (Tempest) und mental health (Benaim) auseinander.

Vermutlich (hoffentlich) wird man einmal auf diese Gruppe von jungen Frauen zurückblicken und erkennen, dass sie wichtige Impulse für die Diskussionen der Gegenwart geliefert und geholfen haben, bestimmte Themen in die Gesellschaft hineinzutragen. Gleichwohl will ich Benaims Lyrik nicht nur auf den Aspekt der mental health-Thematisierung reduziert sehen. Ihr erster Gedichtband enthält letztlich Gedichte über all die Ängste und Hürden eines jungen Lebens: Selbstfindung, Zurückweisungen, Angst vor der Zukunft, Struggle mit der Kindheit, dem Aufwachsen, Perspektivlosigkeit, erste Verluste, erste Rückschläge. Ihre Texte sind nicht lebensklug, aber die vielen Konfrontationen darin machen aus ihnen so etwas wie einen Überlebens-Bericht, ein Soforthilfe Kit für die Verletzungen, die das Leben als (junger) Mensch mit sich bringt. Insofern ist die Übersetzung des Titels vielleicht doch gerechtfertigt (aber selbst dann wäre damit immer noch mehr verloren als gewonnen).

„um zu vergessen,
vergräbt sich das
artischockenherz in blättern,
hin zur quelle des wahren hungers,
um satt auszusehen,
um üppig zu erscheinen

*

meine großmutter sagt,
herzschmerz sei
eine hugrige raupe,
die gefüttert werden muss,
damit sie flügel ausbilden
& fortfliegen kann“

[…]

in meinem zentrum hängt eine kleine glocke,
ich weiß sie nicht zu läuten,
aber ich habe sie läuten hören.
ich kann nicht aufhören, daran zu denken,
wann sie das nächste mal läuten wird.“

Schöne Depressionslektüre – zu “Ein konföderierter General aus Big Sur”


Ein konföderierter General aus Big Sur Was kann man noch lesen, wenn gar nichts mehr geht? Zugegeben eine eher unangenehme, unschöne Frage. Aber sicher keine abwegige.

Der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk schrieb über seine Thomas Bernhard-Lektüren, die ihm vor allem in depressiveren Zeiten geholfen hätten. Ein Freundin von mir spricht oft davon, dass man, wenn gar nichts mehr geht, nur noch Kafka lesen kann – dann könne man die Schwelle in Kafkas Schreiben und Denken erst richtig begreifen und sich mit seinem eigenen Abgrund auseinandersetzen, sich hineinstürzen ohne wirklich zu stürzen. Michel Houellebecq beschreibt ausführlich, dass ihm H.P. Lovecrafts Antiwelteinstellung immer eine perverse Art von Trost gegeben habe. Ein anderer Freund empfahl mir, bei Traurigkeit Cioran zu lesen, was vielleicht ein Witz war, vielleicht auch nicht.

Ich selbst habe immer nur vier Dinge lesen können, wenn gar nichts mehr ging: Douglas Adams Hitchhikers Guide, Mascha Kalékos Gedichte, Susan Sontags nachgelassene Texte aus „Zur gleichen Zeit“ und Richard Brautigans Gedichte und Romane. Im Prinzip sind auch dies (wie alle erwähnten Beispiel oben) Werke voller Hoffnungslosigkeit (und darin mitunter voller Hoffnung, denn die gehört, obgleich das Wort es zu verschleiern sucht, zur Hoffnungslosigkeit dazu).
Mascha Kalékos Melancholie und Bitterkeit, die Worte eingefärbt von ihrem traurigen Schicksal. Adams turbulent-phantastischer, brillanter Versuch eines heiteren Zynismus. Sontags entfaltetes, großartiges Denken, gefangen im Bild, in den Grenzen ihres Sterbens. Und Richard Brautigans Romane, Utopien ohne Halt, der Wirklichkeit entfremdet und ohne Chance, ihr zu entgehen, immer im Versuch etwas schöner, etwas besser zu sein als sie, ohne sie zu verlassen.

1964 erschien dieser erste seiner Romane, über zwei Freunde, die versuchen im Kalifornien der 60er Jahre über die Runden zu kommen. Beide sind sie so etwas wie Tunichtgute, Allerweltsverlierer, meist nur auf der Suche nach etwas zu essen, einer netten Frau, einem Drink. Im ganzen Roman geht es eigentlich nur darum, wie sie versuchen zu überleben und ein erträgliches Dasein zu haben, der Trostlosigkeit ein Schnippchen zu schlagen, mal hier, mal dort. Brautigan würzt diese Versuche mit einer Menge unprätentiöser, poetischer Komik und Szenen voller improvisiert wirkender und unschlagbarer Vergleiche und Beschreibungen wie diesen:

“Die Nacht kam herein und borgte sich das Licht. Sie hatte sich zuerst bloß für ein paar Cent Licht geborgt, aber jetzt borgte sie sich jede Sekunde Licht für Tausende von Dollars. Das Licht würde bald weg sein, die Bank geschlossen, die Kassierer arbeitslos und der Bankdirektor ein Selbstmörder.”

“Sie lachten beide. In Elizabeths Stimme war eine Tür. Wenn man die Tür aufmachte, fand man noch eine Tür, und wenn die Tür offen war, noch eine andere Tür. Die Türen waren alle hübsch und führten aus ihr hinaus.”

Diese Passagen schweben über dem Text, in ihnen entkommt man, mit einem erstaunlich freien Lachen und Staunen, für einen Moment der ganzen Schwere, die im Leben liegt (aber auch im Text, im Erzählen, im Denken, etc.) und der das Lebendige entgegenzuwirken versucht. Und es ist dies Lebendige, das in Brautigans Gedichten und Romanen immer wieder durchkommt, in seinen Erzählungen und Kurzprosastücken. Als wollte er eine neue Faszination der Welt begründen und doch von den ganz einfachen Dingen sprechen, drehen sich seine Romane um außergewöhnliche, aber eigentlich ganz unspektakuläre Momente, die sich aneinanderreihen, in immer neuen, meist kurzen Kapiteln aufziehen. Zwischen Märchen und bitterem Ernst, Gelassenheit und Abgrund.

Mit Brautigan kann man an der Welt zugrunde gehen und gleichzeitig ihre ganze, absurde Schönheit betrachten, ihr alles entgegenhalten und nichts. Deswegen kann man sie wohl noch lesen, wenn eigentlich gar nichts mehr geht. Weil die Welt darin still steht und doch in jeder Facette funkelt wie eine Discokugel. Sie zeigen das Leben wie es ist: absurd schön und trotzdem größtenteils ein Ort, an dem das, was man braucht (zu brauchen glaubt) und das, was man hat, nicht zusammenkommt, weswegen man ohne Ende dabei ist, dieses Zusammenkommen zu ermöglichen.

 

Zu Sylvia Plaths: Die Glasglocke


  „Ich schloß die Augen.
Es trat eine kurze Stille ein, wie ein Atemanhalten.
Dann kam etwas über mich, packe und schüttelte mich, als ginge die Welt unter. Wii-ii-ii-ii-ii schrillte es durch blau flackerndes Licht, und bei jedem Blitz durchfuhr mich ein gewaltiger Ruck, bis ich glaubte, mir würden die Knochen brechen und das Mark würde mir herausgequetscht wie aus einer zerfaserten Pflanze.
Ich fragte mich, was ich Schreckliches getan hatte.“

So erlebt Sylvia Plaths Protagonistin Esther Greenwood ihre erste Elektroschocktherapie in einer besseren Irrenanstalt. Sie ist vom Leben abgeschnitten und war es schon vorher, als sie noch im Getümmel von New York als Stipendiatin lebte. Schon dort fühlt sie sich wie unter einer Glasglocke gefangen, die in einem eintönigen Leben vor sich hin schaukelt, ohne einen echten, tiefen Ton hervorzubringen. Ehe oder Karriere als Dichterin? Esther ist begabt, sie ist klug und eigentlich auch rebellisch. Aber sie leidet unter den Verunsicherungen, die die moderne Welt für uns alle bereithält, sie leidet an den Fragen und Meinungen, zwischen denen sie aufgerieben wird; sie ist wie der Esel, der zwischen zwei Heuhaufen verhungert, weil er vor dem Fressen herausfinden will, unter welchem Haufen jenes Ding namens Glück liegt.

Sylvia Plaths einziger Roman ist die Geschichte einer fortschreitenden Entfremdung, eines Gefangenseins und des Kampfes dagegen. Die Protagonistin ahnt, dass sie in der Welt und den gesellschaftlichen Konventionen gefangen ist, aber sie ist sich nicht ganz sicher, ob sie nicht doch in ihrer Persönlichkeit, ihrem Körper gefangen ist. Befreiung? Kommt die mit der Liebe, dem Sex, der Selbstverantwortung, dem Zerschlagen der Illusionen, der zynischen Weltsicht, dem Verweigern, dem erhaben sein über die Dinge und Menschen? Esther probiert alles aus, halbherzig meist. Die Rückschläge verstärken die Entfremdung. Es ist, als wäre die Welt nicht für sie gebaut. Oder sie nicht für die Welt. Wo liegt die Dysfunktion: im Apparat oder in dem, der ihn bedient?

„Ich wusste genau, dass die Autos Geräusche machten, auch die Menschen in ihnen und hinter den erleuchteten Fenstern in den Häusern machten Geräusche, und der Fluß machte Geräusche, aber ich konnte nichts hören. Flach wie ein Plakat hing die Welt in meinem Fenster, glitzernd und funkelnd, aber was ihren Nutzen für mich anging, so hätte sie nicht da zu sein brauchen.“

Plaths Roman ist eine schwer zu verdauende Wucht; sprachlich kann er immer wieder mit sehr gelungenen Bildern aufwarten, die oft einen bestimmten Moment (und die Schatten, Gedanken, die er aufwirft) perfekt einfangen. Als Lesende/r ist man wie gefangen in Esthers Gedanken und Versuchen, man wird Teil der um sich kreisenden Psyche.

Und doch: streng genommen fehlt dem Roman etwas: eine Story. Schnell merkt man beim Lesen, dass es der Autorin um die Auslotung und Vervollständigung von Esthers Unsicherheit, ihres Lebensleides, ihres euphorischen Überdrusses ging und nicht darum, eine Geschichte über sie zu erzählen. Das macht das Buch sprachlich nicht weniger eindrucksvoll und die Erfahrungen darin nicht weniger zwingend und in ihren Zuspitzungen epiphanisch und erschreckend. Esther kreist um sich selbst, sie kann gar nichts anderes sein als eine Protagonistin ihres eigenen Kummers, ihrer eigenen Weltgeworfenheit. Denn diese Weltgeworfenheit ist das Thema des Buches und sie ist kaum irgendwo so deutlich geschildert und verdichtet worden.

Obwohl ich selten ein Buch so bewerben würde, es ist tatsächlich die beste Art, seine Bedeutung hervorzuheben: es ist ein Buch, das man gelesen haben sollte. Um Gefühlswelten besser zu verstehen. Um zu begreifen, dass Enge vorherrscht, wo man sie nicht vermutet. Dass Wahnsinn nicht unbedingt im Geist des einen, sondern im Leben der vielen liegen kann. Und Angst zwar etwas Irrationales ist, aber wie einen Unterschied machen, wenn auch die Welt – und was sie für einen bereithält – einem irrational erscheint?

„Mir fiel auch ein, wie Buddy Willard einmal in düster wissendem Ton gesagt hatte, wenn ich erst Kinder hätte, würde ich anders denken, dann würde ich keine Gedichte mehr schreiben wollen. Deshalb überlegte ich mir, dass es vielleicht wahr sei, dass Heiraten und Kinderkriegen wie eine Gehirnwäsche war und dass man nachher nur noch benebelt herumlief, wie ein Sklave in einem totalitären Privatstaat.“

“Wir kommen” von Ronja von Rönne


Seit heute steht meine Rezension – Verriss könnte man’s auch nennen – von Ronja von Rönnes Debüt “Wir kommen” auf fixpoetry.com: http://www.fixpoetry.com/feuilleton/kritiken/ronja-von-roenne/wir-kommen

 

Ein wichtiger Film, ein guter Film – Zu “Silver Linings”


“In the middle of the world, at the edge of nowhere” Thomas Hardy

Vorweg: Ich möchte hier vor allem meine Eindrücke über den Film wiedergeben und habe daher auf eine Nacherzählung der Handlung verzichtet.

Ich habe schon einige intensive und gute Filme über Depressionen und/oder psychische Krankheiten gesehen; zwei waren bisher für mich am wichtigsten oder besser gesagt: stachen heraus: Helen und Prozac Nation. Beide Filme kann ich nur empfehlen, wobei man sie natürlich nicht mit diesem Werk vergleichen kann, da “Helen” ein französischer und “Prozac” ein Independet-Film ist. Diesbezüglich war ich denn auch von Anfang an schon sehr gespannt, wie ein Hollywood-Film diese Dinge aufbereiten würde. Mit It’s Kind of a Funny Story gab es immerhin schon mal einen Versuch, der nicht besonders ernst, aber auch nicht schlecht war.

Bei einem Film kommt es ja nicht allein auf die zentrale, ausrichtende Thematik an, sondern auch auf die Herangehensweise. Steht man in dem Film mitten im Thema oder wirft man einen Blick von Außen darauf`? – der Winkel bestimmt die Form und die Wirkung. Ein Film hat den Vorteil, dass er potentiell mehrere Sichten kombinieren kann (einem Buch gelingt das nur umständlich und es wirkt dann oft unkonsequent, weil in einem Buch die Sichtweisen nacheinander abgehandelt werden müsste – im Film geht es, auf gewisse Weise, zur gleichen Zeit). Wenn man Silver Linings allein von der Herangehensweise, von Optik und dem Setting beurteilten sollte, ist der Film eher unspektakulär und sehr Hollywood-like. Doch darum geht es – wie alle, die diesem Film, wie ich, mit immer größerem Genuss, mit Freude und Betroffenheit, gefolgt sind – nicht.

Es geht nicht um artifiziell herausgearbeitete Abgründe; es geht nicht um martialische Tiefe (auch solcherlei ist filmisch beeindruckend, aber man kann einem Film nicht vorwerfen, dass er seinen Weg auf andere Weise sucht). Es geht (wie so oft – und doch niemals oft genug) um das Menschliche, den menschlichen Aspekt. Krankheiten, Neurosen, Fehler, ethnische Unterschiede – sie alle scheinen nur allzu oft über den Menschen zu stehen, die mit ihnen zu leben haben und sie somit scheinbar mehr zu definieren, als ihr eigentliches Selbst es tut; zumindest wenn man als Unbeteiligter von Außen darauf blickt. Ein Verdienst des Kinos ist es auch, diesem Missstand immer wieder entgegenzuwirken und mit Geschichten zu zeigen, dass kein Mensch über seine “Mängel” oder Besonderheiten oder Einschränkungen definiert werden kann. “Mensch sein, das heißt so vieles und doch soll es im Anspruche nur eines heißen” schrieb Jean Paul vor mehr als 200 Jahren und noch immer haben wir Probleme damit, zu begreifen, dass die Taktik des einen Anspruchs nicht funktioniert. Menschen sind sehr unterschiedlich und wir können sie nicht bloß über das Maß definieren, in welchem sie sich von uns unterscheiden.

Dass Mensch sein vieles bedeutet, heißt auch, dass es uns nicht immer direkt betreffen kann, was ein Film sagt. Doch wir können auch lernen, dass ein genaues Betreffen nicht immer wichtig ist. Wichtig ist, dass die Aspekte in uns etwas Nachvollziehen; dass die Stimmungen uns berühren, dass die Geschichte uns ein Thema und seine Aspekte eröffnet, denen zu öffnen uns selbst nicht in den Sinn gekommen wäre. Simpel, diese Idee, wie es die Welle auch ist – und doch schmeißt sie jeden Tag den ganzen Ozean an den Strand und zieht ihn wieder hinaus.

Ein Film muss seinen eigenen Weg gehen, jenseits von Kategorien, und gerade das gelingt Silver Linings, seinen Darstellern und seinen Szenen, sehr gut und mit beeindruckender Leichtigkeit (nicht Seichtheit – Leichtigkeit!) oder anders gesagt: mit Bravour. Neben Jennifer Lawrence, deren Spiel wirklich aus dem Innersten zu kommen scheint und das kaum eine Abstufung erfährt, hat mich auch Robert De Niro wieder mal beeindruckt, was ich nach so vielen Auftritten nicht gedacht hätte. Überhaupt sind alle Darsteller herrlich unverbraucht – auch das trägt zur Atmosphäre bei. Am Ende bin ich mir nicht ganz gewiss darüber geworden, WAS den Film letztlich von der zweiten in die erste Liga hebt. Vielleicht weil der Film, neben Unterhaltung und Witz und Auf und Ab, auch Hoffnung gibt, dass etwas genau zur richtigen Zeit passieren kann, frei nach Art des Zitats “An arrow can only be shot by pulling it backward. So when life is dragging you back with difficulties, it means that it’s going to launch you into something great.” Denn: “Sometimes, the only way to stay sane is to go a little crazy.”

Link zum Film: http://www.amazon.de/Silver-Linings-Jennifer-Lawrence/dp/B00AY9UQN8/ref=cm_cr_pr_pb_t

*Diese Rezension ist bereits teilweise auf Amazon.de erschienen.

Kurze Rezension zu “It’s kind of a funny story”…


„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“
George Bernard Shaw

Es ist manchmal schon unheimlich, wie sehr ein Film, der ja eigentlich in jeder Szene bloß gespielt ist und in jedem Detail geplant, etwas so trefflich nachstellen kann, was im Leben einfach passiert. Aber bestimmte Dinge des Lebens sind wohl so universell, dass sie sich darstellen lassen oder vielleicht reagiert irgendwas in uns auch auf kleine Gesten, die in eine annäherend bekannte Richtung weisen und füllt diese mit Gefühlen, Eindrücken aus der eigenen Erinnerung.

Craig geht es nicht gut, seelisch. Eigentlich hat er keine Probleme. Klar, da ist das Mädchen, das er toll findet, das aber mit jemand anderem zusammen ist. Aber er hat eine tolle Familie – gut, einen etwas überehrgeizigen Vater, aber alle unterstützen ihn. Er geht auf eine gute Schule, hat Freunde. Alles hält sich in Grenzen, nur der übliche Stress. Aber das reicht schon – irgendwo ist da ein schwarzen Loch, auf jedem Weg, den er gehen soll, will(?), kann(??). Als es in einer Nacht richtig schlimm ist, beschließt er in die Notaufnahme zu gehen. In der ersten Panik weißt er sich selbst in die stationäre Psychatrie ein…

Da ich selbst einige Zeit in einer psychatrischen Einrichtung (allerdings natürlich nicht in den USA) verbracht habe, hat der Film einige Erinnerungen hervorgerufen und allgemein habe ich sehr darauf geachtet wie mit dem Thema umgegangen wird. Alles in allem wird natürlich viele doch etwas schwierigere Problematiken ausgespart, was natürlich aus der Kombination von Coming of Age und dem Thema Depression resultiert. Trotzdem und obwohl der Film auch sehr glatt ist, habe ich ihn als sehr ehrlich erlebt. Auch die Lektüre des Buches (Eine echt verrückte Story) kann ich nur empfehlen. Als ähnliche Filme und Bücher wären zu nennen: Das also ist mein Leben, nebst der Verfilmung Vielleicht lieber morgen, Von der Kunst, sich durchzumogeln und vielleicht ganz entfernt John Greens Buch: Die erste Liebe: nach 19 vergeblichen Versuchen.

Wer einen Film sehen will, der das Thema eher schonungslos aufzieht, wird wahrscheinlich enttäuscht – hier wären die Filme Prozac Nation – Mein Leben mit der Psychopille und Durchgeknallt – Girl, Interrupted die bessere Wahl. Wer aber mal wieder etwas über das Erwachsenwerden erfahren will und einen rundum schönen, unaufgeregten Film sehen wil, der aufgrund von witzigen Einfällen, Abwechslung, Selbstironie und guter Balance nie banal und nie übereifrig wird, der kann gefahrlos zuschlagen. Einige kleine Aha-Momente reihen sich mit vielen ausgeglichen-schönen ein. Am Ende ist man verblüfft, wie schnell die Zeit vergangen ist.

Link zum Film: http://www.amazon.de/Kind-Funny-Story-Zach-Galifianakis/dp/B004YMR2AG/ref=cm_cr_pr_pb_t

*Diese Rezension ist bereits teilweise auf Amazon.de erschienen.

Von der Kunst sich durchzumogeln… oder: Das Leben trifft dich auch gerade dann, wenn du ihm ausweichen willst…


Es gibt noch Filme die zu Herzen gehen und nicht einfach durch sie hindurch. So Filme, die leise anklopfen, zaghaft, statt einfach mit den üblichen Begrüßungsworten einzutreten; Filme wie Garden State oder My Summer of Love, Filme, die die Magie des Lebens selbst einzufangen versuchen.

Heute wird immer behauptet (oder: angenommen), ein bewegender/anspruchsvoller Film müsse Abgründe zeigen, einen in Abgründe führen. Doch viele Filme versinken in diesen Abgründen und viele wenden sich nach einem allzu vorsichtigen Blick oder Straucheln wieder davon ab.

Die Kunst einen Film aber authentisch zu machen (gerade einen über Jugendliche, erste Liebe und Erwachsenwerden) liegt, denke ich, vor allem darin, den Balanceakt zu wagen zwischen Hoffnung und Verlangen, zwischen Verzweiflung und Resignation, den diese Zeit ausmacht – und ein Gefühl dominieren zu lassen, das wir Sehnsucht nennen. Ein Wort, das tief in unserem Innern nach der Jugend seine Bedeutung verlieren kann, vielleicht aus Furcht, der Begriff dieses Gefühls könnte ab dann nicht mehr mit den “verklärenden” Emotionen übereinstimmen und überhaupt sie im Erwachsensein Sehnsucht kein Element mehr, allerhöchstens ein Hindernis.

Von der Kunst, sich durchzumogeln ist ein Film über die erste Liebe, aber es ist auch ein Film über die Schwierigkeit, sich als Erwachsener zu fühlen. Zum Jungsein, sagt man oft, gehört töricht sein, gehört die Sorglosigkeit. Doch was ist diese Sorglosigkeit: Ablenkung oder Lebenssinn/-aspekt? Ist das Glas der Jugend halbvoll oder halbleer.

George, – grandios gespielt von Freddie Highmore – Schüler im letzten Highschooljahr, trauert seiner verlorenen Kindheit hinterher und gleichzeitig sieht er keine Perspektiven für eine Zukunft. Sein Leben scheint ihm eine Einbahnstraße zu sein, über die schon tausende Generationen von Menschen gefahren sind, die die Bahn befahrbar gemacht und doch zugleich abgenutzt haben; das Leben, eine Strecke, so schnell und leicht zu bereisen und doch so trostlos. (Zitat, mit dem der Film beginnt.” Seit Beginn der Geschichtsschreibung erblickten rund 110 Mrd Menschen das Licht dieser Welt. Und nicht ein einziger hat überlebt.)

Die Tiefe, die fehlt, kann man natürlich nicht mit Hausaufgaben füllen und deswegen sollte man sie auch nicht machen. Lieber kritzelt George unentwegt in seine Zeichenbücher seine kleinen Grotesken; seines Talents ist er sich durchaus bewusst, aber er ist der festen Meinung, dass seine Zeit und vor allem er selbst nichts mehr zu sagen haben.

Dann tritt Sally in sein Leben, ein recht unbeschwertes und unverplantes Mädchen, das nicht auf den Kopf gefallen ist, aber doch sehr lebensfroh. Schnell entwickelt sich zwischen ihnen eine Art von Freundschaft, sie sitzen am gleichen Tisch in der Schulcaféteria, sie führt ihn bei Freunden und Partys ein. Die gegenseitige, unschuldige Sympathie spitzt sich bald auf die Frage zu, die Sally eines Tages plötzlich am Restauranttisch stellt: “Hast du schon mal dran gedacht, mit mir? Willst du mit mir schlafen?”

Dieser Film hat mich auf einer gleichsam traurigen und bereichernden Ebene berührt und ich glaube, dass seine mit vielen authentischen Szenen und Darstellungen gestaltete Idee das Potenzial hat jeden Menschen in seinen Bann zu ziehen. Die größte Kunst, die ein Film meistern kann, ist ein Loch in die Pappschachtel des Lebens zu schneiden und uns hineinsehen zu lassen: in vergangene Epochen, ins Innenleben von Menschen, in bestimmten Situationen und in einzelne Episoden des Lebens an sich, wie bei diesem Film der Fall – vielerlei kann einem dieser Einblick näher bringen, in diesem Fall auch die Einsicht, dass wir alle etwas zu sagen haben, spätestens, wenn wir das erste Mal verliebt sind. Und das Filme immer noch die Möglichkeit haben, unser Wissen über unsere eigenen Gefühle, auch nachträglich, zu erweitern.

Wie ein anderer Rezensent ganz richtig sagte: Ein Geniestreich, ein leiser, starker. Und ein anderer sagte: Es gibt sie noch, die guten Indipendent-Filme! Ja – und das hier ist einer davon, auf eine klare, unverblümte Weise, ohne dabei aus reiner Provokation über die Maßen anzuecken.

Link zum Film: http://www.amazon.de/Kunst-sich-durchzumogeln-Freddie-Highmore/dp/B0066IJAMO/ref=cm_rdp_product

*Diese Rezension ist bereits teilweise auf Amazon.de erschienen.

Bittersweet Life… Die Depressionen in meinem Kopf… – Über den Film “Prozac Nation”


“Some people, they like to go out dancing
And other peoples, they have to work, Just watch me now!
And there’s even some evil mothers
Well they’re gonna tell you that everything is just dirt
Y’know that, women, never really faint
And that villains always blink their eyes, woo!
And that, y’know, children are the only ones who blush!
And that, life is just to die!
And, everyone who ever had a heart
They wouldn’t turn around and break it
And anyone who ever played a part
Oh wouldn’t turn around and hate it!”
Aus -Sweet Jane- von Lou Reed

Es gibt so Filme, die einen ganz speziell bewegen, weil sie einem die Möglichkeit geben, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten, Dinge zu verstehen und sich, vor allem, verstanden zu fühlen. So mancher Film geht ganz bewusst und bemüht in die Tiefe, versucht sie ganz bewusst visuell oder stimmungsmäßig zu erreichen und manch anderer Film IST auf seine Weise einfach tiefgehend, wenn jemand in der Geschichte seine eigene Tiefe findet. Für mich war Prozac Nation ein Film letzterer Art.

Im deutschen Fernsehen wird der Film ab und zu ausgestrahlt, dann allerdings unter dem Titel “Sex, Pillen und Lou Reed”. Der Kommentar dazu ist dann meistens, dass dieser Titel verwirrend sei und dem Film nicht gerecht werde. Nun, ich denke, dass beide Titel dem Film gleichermaßen gerecht und nicht gerecht werden.
“Prozac Nation – Mein Leben mit der Psychopille” stimmt in sofern, da dies der Titel des Buches ist (geschrieben von Elizabeth Wurtzel), das hier als Vorlage diente; aber er passt auch überhaupt nicht, denn der Inhalt wird damit in keinster Weise richtig angedeutet, da der Film die Geschichte der Krankheit und kaum den Teil der Heilung beschreibt.
“Sex, Pillen und Lou Reed” ist so gesehen der bessere Titel, da er den oberflächlichen Dunst der Geschichte beschreibt, in dem die Protagonistin sich selbst einkettet, aber er ist auch schlecht, weil er falsche Erwartungen weckt, dahingehend, wie der Film gesehen werden sollte.

Jeder kennt wohl das philosophische Problem der Absurdität des Lebens, welches wohl kein anderer Denker so treffend formuliert hat wie Albert Camus in seinem Essayband „Der Mythos des Sisyphos“ und welches er in seinen Romanen „Der Fremde“ und „Die Pest“ dargestellt hat. Dies Absurde, das entsteht wenn man im Leben nach Sinn und nach Antrieben sucht: manchen drückt diese Sinnlosigkeit nur ab und zu im Schuh – und manche drückt sie vehement in die Knie und sprengt ihnen den Kopf. Man kann das Depression nennen; oder auch einfach Angst.

Dieser Film beschäftigt sich mit dieser Angst, mit den Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man seinen Stimmungen ausgeliefert ist – “Wieviel von unserem Glück hängt davon ab, das wir uns einfach glücklich fühlen” hat Tucholsky einmal geschrieben und in der Tat können nur wenige, die es nicht erlebt haben, die Komplexität der Situation nachvollziehen, gleichsam Leben zu wollen und doch außer diesem Willen gar nichts zu haben, was ihn unterstützt, weil alle Gefühle nur so dahinplätschern und sich in den Katakomben der Gedanken und Sehnsüchte verlieren. Also folgt man den haltlosesten Sehnsüchten, um irgendwas zu haben. “I hate it when people tell me to just be happy. So you think i chose to just be depressed?

“Wenn andere Leute sich schneiden, dann machen sie halt ein Pflaster drauf – ich blute weiter. […] Irgendwie muss man doch funktionieren.”
Lizzies Suche nach dem Absoluten im Schreiben, in der Liebe, der Poesie, der Musik – es ist eine Suche, die seit jeher die verschiedensten Menschen angetreten haben. Das Gefühl, dass da mehr in einem und in der Welt sein müsste, das alles immer auf einer Höhe bleiben müsst, der Höchsten – ist das ein Trugschluss, eine Sucht, eine Obsession; ohne Ziel oder Halt? Eine Sucht ist es auf jeden Fall, aber eine, die keine andere Droge kennt als die eigenen Gefühle und Vorstellungen.

Prozac Nation ist die Geschichte einer Frau, die talentiert ist, die wunderbar über Lou Reed und Bruce Springsteen schreiben kann (vor allem über Springsteen) nach Havard kommt und schon mit 19 für den Rolling Stone schreibt und die trotz all dem weder mit sich noch mit ihren Mitmenschen zufrieden ist. Sie verlangt viel von ihnen (- zu viel?). Sie verlangt viel vom Leben und von sich; sie will ein Genie sein – um jeden Preis?
Auf jeden Fall erleidet sie mit ihrem Leben Schiffbruch und betäubt den Schmerzüberschuss mit Obsessionen und radikalen Gefühlswallungen und versucht immer wieder sich mit ganzem Herz in etwas hineinzustürzen, dass sie erfüllen und heilen kann. Dank Christina Ricci ist diese Figur gleichzeitig zerrissen, lebendig und todkrank; eine beeindruckende schauspielerische Leistung. Und ein beeindruckender, gefühlsechter Film, ein Film wie ein Song von Lou Reed, der einem dunkel und hell im Ohr herumflüstert.

Link zum Film: http://www.amazon.de/Prozac-Nation-Mein-Leben-Psychopille/dp/B002ZE4C8K/ref=sr_1_1?s=dvd&ie=UTF8&qid=1378796513&sr=1-1&keywords=Prozac+Nation#

*Diese Rezension ist bereits teilweise auf Amazon.de erschienen.