besprochen beim Signaturen-Magazin
Tag Archives: Englisch
Zum modernen Poesie-Atlas der Roma & Sinti “Die Morgendämmerung der Worte”
besprochen beim Signaturen-Magazin
Ein Gedicht von Joanna Fuhrman, übersetzt von Cornelia Hülmbauer und mir
erschienen und zu lesen beim Signaturen-Magazin in der Rubrik “Transmissionen“
Eine Übersetzung des Gedichts “Catching the monster” von Jeff Friedman, übertragen von Cornelia Hülmbauer und mir
erschienen beim Signaturen-Magazin
Eine Gedichtübersetzung von John Bradleys “In the House of Kafka” (zusammen mit Cornelia Hülmbauer)
Geburtstag, Geburtstag! Und ein schönes Geschenk kommt vom Signaturen-Magazin, wo es veröffentlicht wurde – und von Cornelia Hülmbauer, die es mit mir zusammen übersetzt hat! 🙂Ich war also auch selbst dran beteiligt, bizarr, aber das passt eh: es spielt im Hause Kafkas, dieses Gedicht von John Bradley.
Link zum Gedicht
Link zu den gesammelten Übersetzungen von Cornelia Hülmbauer und mir
Zu Padraig Rooneys Gedichten in “Landings Craft / Angelandet”
besprochen beim Signaturen-Magazin.de
Rezension von Cornelia Travniceks Buch “Parablüh” (in Englisch) auf versopolis.com
Vladimir Nabokovs “Das wahre Leben des Sebastian Knight”
[…] und außerdem wusste er, dass im Grunde keine Idee wirklich existiert, wenn ihr nicht die Worte genau nach Maß angelegt werden.
Romane, die als Weltliteratur oder gehobene Literatur bezeichnet werden, haben nicht gerade den Ruf leicht lesbar zu sein. In kaum einem Genre herrscht aber auch eine so große Bandbreite an Formen und somit auch nahezu nirgends eine so große Bandbreite an Verständlichkeitsstufen: von Simmel und Konsalik (deren Büchern einige Gralshüter des Romans wie Kundera oder Vargas Llosa – möglicherweise zurecht – die Bezeichnung Roman absprechen würden) bis zu Arno Schmidt und Oswald Wiener ist es ein weiter Weg und doch steht auf den Büchern dieser grundverschiedenen Literaten das Wort Roman geschrieben. Irgendwo in der Mitte aber gibt es jene Romane, die bereits eine vielfältige, subtile Erfahrung bereithalten und dennoch nicht besonders schwer zugänglich sind, keine großen Mühen und Anstrengungen vom Leser erwarten. Manche Romane von Kundera und Vargas Llosa gehören dazu, Werke von Camus oder André Gide, Carson McCullers und Nicole Krauss und es wären noch einige Autor*innen zu nennen, bevor diese Liste fertig wäre.
Einer, der in dieser Liste auch nicht fehlen dürfte ist Vladimir Nabokov. Kaum ein Autor ist ein besserer, lebendigerer Inbegriff der hohen Narration, die beileibe nicht schwer zugänglich ist oder sich allzu sehr in Formspielen oder perspektiven Verzerrungen ergeht. Von seinen frühen russischen Romanen bis zu jenen späten Meisterwerken „Lolita“ und „Pnin“ hat er es bravourös und virtuos vermieden, etwas Verkopftes zu Papier zu bringen und ist dennoch kein unmoderner Autor (wenngleich einige Gralshüter der Avantgarde und neuer Roman- und Kunstbegriffe ihn vielleicht so bezeichnen würden).
Nabokov stammte aus Russland, in dem es zwei Romanciers gab, die ebenfalls zur Hochliteratur gezählt werden und dennoch fesselnd sind, ja geradezu Bestsellercharakter haben: Lew Tolstoi und Fjodor Dostojewski. Man könnte auch noch den großartigen Erzähler Anton Chechov hinzufügen. Es liegt mir fern ihn in eine Reihe mit diesen dreien zu stellen, aber Nabokov hat vielleicht auf kluge Art und Weise von ihnen gelernt, nicht was die Themen und was die Sprache anging, aber in Sachen Bodenhaftung und narrativer Eleganz ist er ihnen, behaupte ich, gar nicht so fern.
„Das wahre Leben des Sebastian Knight“ war der erste Roman, den Nabokov auf Englisch schrieb, mehr aus Notwendigkeit, denn aus einem Wunsch heraus. Er war auch zum Teil eine Art selbsterlegte Auftragsarbeit, mit der Nabokov sich bei einer Geldmöglichkeit bewerben wollte. Diese Entstehungsgeschichte flößt nicht gerade Vertrauen ein und man könnte zunächst glauben, man hielte eines jener Bücher in der Hand, die der Verlag herausgegeben hat, obwohl der Roman nicht die Höhe des sonstigen Werkes erreicht (Ähnliches ist ja schon geschehen, bei Witold Gombrowicz und „Die Besessenen“ zum Beispiel) und nur weil man die Rechte am Gesamtwerk besitzt.
Doch weit gefehlt: in seiner eigenen, schummrig-kristallinen Art ist dieser Roman ein Meisterwerk, eine Schönheit. Es gibt kaum ein Buch, das ich in den letzten Jahren mit so viel Genuss und mit so wenig Frust gelesen habe. Es ist leicht, trägt aber in jedem Satz eine tiefe Bedeutsamkeit in sich und die Sprache ist, selbst in der Übersetzung (die Dieter E. Zimmer augenscheinlich wundervoll angefertigt hat) eine echte Augenweide, auf der so manches grandiose sprachliche Bild wie ein Windstoß das Gras, die Bäume und den Körper des Lesers rauschen, wehen und zittern lässt.
Erzählt wird die Geschichte eines jungen Exilrussen, der sich auf die Spuren seines kürzlich verstorbenen Halbbruders, eben jenes Sebastian Knight, begibt. Sebastian war Schriftsteller und der Protagonist möchte nun ein Buch über ihn und sein Schaffen schreiben, eben jenes, das wir in Händen halten: „Das wahre Leben des Sebastian Knight“. Anlass ist zum einen der Tod des Bruders, der den Erzähler erkennen lässt, dass er sehr wenig über dessen Leben wusste (obgleich er sein Schaffen immer aufmerksam verfolgt hat) und zum anderen das stümperhaft-blasierte biographische Buch von Sebastians ehemaligem Sekretär, das, davon ist der Protagonist fest überzeugt, ein völlig falsches Bild von dessen geistigen Haltungen, Interessen und Antrieben zeichnet.
Also macht sich der Protagonist auf die Suche, beginnend bei der gemeinsamen Kindheit, mit Ausflügen in die Welten der Bücher, die Sebastian schrieb, immer der dünner werdenden Fährte seiner Lebenswege hinterher. Genau auf dem Grat der Gefälle entlang, von dem das Buch auf der einen Seite in die Schlucht des bloßen Berichtes, auf der anderen in den Abgrund seines eigenen Aufhängers fallen könnte, bewegt sich die Erzählung, mit einer kleinen Fülle von anekdotischen und illuminierenden Momenten beladen, in die Existenz der Figur Sebastian Knight herein, überhöht ihn nicht, verwirft ihn nicht, überfüttert den Leser nicht mit Details. Der meist weit entfernte und nun tote Bruder bekommt eine dem Sujet angemessen Aufladung angediehen, er wird aber vor allem menschlich sichtbar, nicht als Figur, als angelegte Idee. Und die Entfernung bleibt, von kurzen Momenten der Nähe durchzogen, von kurzen Erkenntnissen über ein anderes Dasein.
Es ist kein spannendes und kein gewaltiges Buch, kein großer Wurf, aber ein sehr starker, reicher Roman.