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Zu Dagrun Hintzes “Wer was in welcher Nacht träumte”


Wer was in welcher nacht träumte Nach dem herrlichen Fußballbuch „Ballbesitz“ und den unterhaltsamen Gedichten in „Einvernehmlicher Sex“ ist nun der Erzählband „Wer was in welcher Nacht machte“ von Dagrun Hintze beim Textem Verlag erschienen – mit dem Zusatz „Erzählungen zu Kunst, Design und Architektur“. Dieser Untertitel hat leider wohl ein bisschen Abschreckungs-, zumindest Irritationspotenzial.

Um hier Abhilfe zu schaffen: Obgleich die drei Gestaltungsformen in den Erzählungen eine wichtige Rolle spielen, oft auch Dreh- und Angelpunkt sind, ist der Band nicht einfach eine sich an solchen Elementen aufhängende Reihe von Erzählungen. Vielmehr hat Hintze hier ein vortreffliches Kabinett der Innenleben angelegt, das sich in den jeweiligen Gestaltungsformen auf unterschwellige bis klar zu tage tretende Art und Weise spiegelt – so schiebt sie die Tiefen von Innen- und Außenwelt immer wieder neu ineinander und filtert dabei Untiefen heraus, erschafft dann und wann ein psychologisches Zwielicht.

So gibt es zum Beispiel eine Geschichte über einen Mann mit Hundephobie, der durch Kunstwerke und Disneyfilme seine Angst vor den Tieren zu überwinden, sich selbst und diese Angst quasi zu domestizieren versucht und sich schließlich sogar einen Hund kauft. Aber auch der Hund ist nur ein domestizierter Wolf und unter den beruhigten Oberflächen wartet die immer weniger vom Licht der Erkenntnisse durchdrungene Tiefsee, die anderen 9/10 des zerstörerischen Eisbergs …

Man muss sich auf die Innenlebentrips einlassen, die Hintze hier serviert, wird aber belohnt mit spannenden, zwischen Darstellung und Leben oszillierenden Settings, mit Erzählflüssen, in denen die Idee der Komposition und menschliche Empfindungen auf spannende Art und Weise ineinander münden. Im letzten Text, der denselben Titel wie das Buch trägt, liefert sie ein besonders vielschichtiges Kunststück ab, auf das ich aber hier nicht vorgreifen will. Es bleibt bei der schlichten Empfehlung, sich selbst in dieses Kabinett zu begeben.

 

Zu “Das Gedicht & sein Double”, einem tollen Album-Band in der Edition Azur


Das Gedicht & sein Double besprochen beim Signaturen-Magazin