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Zu Rebecca Solnits Essays in “Die Dinge beim Namen nennen”


Dinge beim Namen nennen „Wir haben uns verlegt auf kurze, behauptende Statements, auf das Denken in Schlagzeilen, in Schwarz-Weiß, in unbestimmten Sammelkategorien.“

Mit diesem Buch bin ich wohl endgültig zum Fan von Rebecca Solnit geworden. Schon „Wenn Männer mir die Welt erklären“ (wo es nicht nur um Mensplaining, sondern auch um strukturelle, sexuelle Gewalt, Männlichkeit, Virginia Woolf und das Kassandra-Syndrom (das Untergraben der Glaubwürdigkeit von weiblichen Aussagen) geht) hat meine Sicht auf viele Dinge grundlegend verändert und geprägt; ich las es mit Begeisterung und Bestürzung. Die Lektüre von „Die Dinge beim Namen nennen“ wurde von einer ähnlichen Gefühlskombination begleitet und wird noch lange nachhallen.

In vier Kapiteln berichtet Solnit hier von US-amerikanische Realitäten, Phänomenen, Krisen (der Untertitel des Originals lautet: „American Crises (and Essays)“), kommt aber dabei auch auf viele grundsätzliche Probleme zu sprechen, die sie meisterhaft exzerpiert, ohne falsche Scheu direkt angeht. Schon im Vorworttext kommt sie auf die Idee der Perfektion zu sprechen und schreibt:

Viele von uns glauben an Perfektion, obwohl sie alles ruiniert, denn das Perfekte ist nicht nur der Feind von allem, was gut ist, sondern auch dessen, was realistisch und möglich ist und Vergnügen bereitet.

Eine Ansicht, die sie in einem späteren Text über Zynismus erweitert:

wer alles, was nicht perfekt ist, für moralisch kompromittierend erklärt, will sich damit nur selbst erhöhen, sich aber nicht mit aller Kraft einen Ort oder ein System oder eine Gemeinschaft engagieren.

In dem Buch wimmelt es nur so von solch dezidierten, klugen Beobachtungen und Feststellungen, die eingewoben sind in Analysen zu gegenwärtigen Geistesverfassungen, in den USA und, letztlich, allen westlichen Gesellschaften. „Gefühlslagen“ nennt Solnit dementsprechend die im zweiten (von vier) Abschnitt versammelten Texte – zu denen wir gleich kommen.

Die Texte in Abschnitt eins beschäftigen sich vor allem mit dem Phänomen Trump, seiner Wahl, sowie den Gegebenheiten und Umständen, die dazu geführt haben (und die kontrovers diskutiert wurden und werden – das Nachplappern verschiedenster Theorien hierzu ist sogar zu einer der beliebtesten Small-Talk-Thematiken geworden).

Neben handfesten Erklärungen, warum dieser Wahlkampf (und sein Ausgang) ein Meilenstein der Frauenfeindlichkeit war (nicht nur in Bezug auf Trump) und wie besonders für People of Color massenhaft die Stimmabgabe erschwert wurde – wenn ihre Stimmen durch die Wahlstrukturen nicht eh marginalisiert wurden – wagt sich Solnit in ihrem Text „Die Einsamkeit des Donald Trump“ auch an ein psychologisches Porträt des Wahlsiegers – mit dem Fazit: Er ist (auch) das folgerichtige Produkt eines Lebensweges ohne echte Rückschläge, Krisen oder Grenzsetzungen; Trump, stets umgeben von Ja-Sager*innen, sieht laut Solnit mittlerweile niemanden mehr als ebenwürdig/sich selbst gleich an, folglich fehlen ihm auch sämtliche Kontrollmechanismen, im Austausch mit solchen Menschen greifen und das Neubewerten der eigenen Handlugen ermöglichen.

das Gegenteil von Mensch, die uns herabziehen, sind nicht jene, die uns auf einen Sockel stellen und uns Honig um den Bart schmieren. Es sind Gleichgestellte, die großmütig sind, ohne uns aus der Verantwortung zu entlassen, Spiegel, die uns zeigen, wer wir sind und was wir tun.

Dieses Porträt hinterlässt als einziger Text einen etwas faden Nachgeschmack; es liegt darin ein Hauch von Küchenpsychologie, auch wenn Solnits grundsätzliche Ausführungen sehr schlüssig sind. Sie liefert eine gute Erklärung für Trumps Größenwahn, aber selbst gute Erklärungen wirken bei diesem Mann ziemlich widersinnig (wobei es vielleicht auch gut ist, Trump nicht als „outstanding“-Persönlichkeit zu behandeln; in diesem Sinne ist Solnits Porträt ein guter Versuch, ihn als einem stinknormalen Solipsisten abzustempeln, vom Sockel zu holen).

In dem zweiten Abschnitt „Amerikanische Gefühlslagen“ stellt sie u.a. dem Zynismus ein niederschmetterndes Zeugnis aus:

Zynismus ist in erster Linie eine Form der Selbstdarstellung, und mehr als alles andere sind Zyniker stolz darauf, sich weder für dumm verkaufen zu lassen noch dumm zu sein. Doch die Arten von Zynismus, die mir begegnen, enthalten häufig beides. Dass die Haltung, sich der eigenen weltmüden Lebenserfahrung zu rühmen, in Wahrheit häufig so naiv ist, zeigt, wie sehr der Schein inzwischen über die Substanz triumphiert, die Attitüde über die Analyse.

und kritisiert die Lust an der Eskalation, die Anfälligkeit der modernen Mediengesellschaften für den Trigger Zorn:

„Zorn ist nicht ganz dasselbe wie Entrüstung. Man könnte sagen, dass Letztere weniger aus der Wut darüber resultiert, was passiert ist, sondern aus dem Mitgefühl mit denjenigen, denen es passiert ist.“ (Solnit nennt als Beispiel hier Nelson Mandela, der es irgendwann einmal, so erzählte er in einem Interview, aufgegeben habe, zornig zu sein. Seinem Engagement habe es nie geschadet und er sähe Zorn mittlerweile als Falle an, die uns von konstruktiven Formen der Veränderung abbringt.)

Gleich zu Anfang kommt sie auf das fast schon mythologische Ideal der Isolation zu sprechen, das in den USA spätestens seit der Figur des einsamen Cowboys (Rächers, Helden, etc.) ins nationale Unterbewusstsein eingeflossen ist und sich dort hartnäckig hält, vor allem in Form von Männlichkeitsbildern (und dadurch leider oft auch den Charakter von politischen Entscheidungen beeinflusst, wenn nicht sogar bestimmt). Es ist sehr spannend, wie Solnit anhand von tagespolitischen und popkulturellen Referenzen dieses seltsame, fast schon pathologische Ideal nachweist und seine Wirkung und Stellung herausarbeitet.

Im letzten Text in Abschnitt Zwei beschäftigt sie sich mit einem Thema, das viele politisch interessierte und engagierte Menschen dieser Tage beschäftigen wird: bewegen wir uns nur noch in Echo-Kammern, erzählen wir unsere Ideen und Fakten immer nur den Leuten, die eh schon mit uns einer Meinung sind, die Bescheid wissen, kurzum: predigen wir dem Kirchenchor? Solnit nimmt hier wiederum eine erstaunlich vitale und entschiedene Gegenposition ein:

Die Faktenlage deutet stark darauf hin, dass politische Körperschaften am meisten profitieren, wenn sie diejenigen motiviert kriegen, die längst mit ihnen übereinstimmen – wenn sie also nicht diejenigen ansprechen, die noch unsicher sind, wen, sondern die, die nicht wissen, ob sie überhaupt wählen gehen sollen. […] Trotz allem machen sich gemäßigte Demokraten oft auf, um denjenigen um den Bart zu streichen, die sie definitiv nicht unterstützen, womit sie dann wiederum diejenigen verraten, die das eigentlich tun.

Sie positioniert sich im Verlauf des Textes u.a. eindeutig gegen den Mythos von der „weißen Arbeiterschaft“, die die Demokraten angeblich vernachlässigt und vergrault hätten, eine beliebte Erklärung für die verlorene Wahl; vielmehr wäre, auch unter Mitwirkung der Medien, Clinton als Person erschienen, die zu viele Gruppen habe ansprechen wollen. Solnit legt dar, warum es den Politiker*innen heute mehr denn je darum gehen muss, ihre Integrität zu bewahren, statt den Chimären von großen Mehrheiten und unsinnigen/unmöglichen Konsensen hinterherzujagen. Und sie macht die Irrelevanz dieser Taktiken und ihre hemmende Wirkung auf progressive Veränderungen an einem einfachen Beispiel deutlich.

In den letzten Jahren habe ich oft gehört, wie Leute sie die Köpfe heiß redeten angesichts von Umfrageergebnissen darüber, wie viele US-Amerikaner*innen den Klimawandeln für wahr halten. Sie schienen immer überzeugt davon, dass die Klimakrise gelöst wäre, wenn man alle dazu bekäme, an den Klimawandel zu glauben. Aber wenn diejenigen, die den Klimawandel längst für real und akut halten, nichts gegen dieses Problem unternehmen, dann passiert eben auch nichts. Es ist nicht nur unwahrscheinlich, dass sich irgendwann alle einig sein werden, sondern die Frage, ob dem so sein wird, ist auch völlig irrelevant. Es lohnt nicht, darauf zu warten. Es gibt ja auch immer noch Menschen, die nicht finden, dass Frauen die gleichen unveräußerlichen Rechte zustehen wie Männern, was uns aber ja auch nicht davon abgehalten hat, eine Politik zu machen, die auf dem Prinzip der Geschlechterfreiheit fußt. […] Wer darauf besteht, dass eine Idee in der Mitte der Gesellschaft angekommen sein muss und sich nicht noch auf Wanderschaft befinden darf, bevor an ihrer Umsetzung gearbeitet wird, hat nicht verstanden, wie Veränderung funktioniert.

Wie sie funktionieren kann, die Veränderung, schildert Solnit dann auch gleich, am Beispiel von gewaltfreien Bewegungen, historischen Beispielen und Ideen.

Im dritten Abschnitt geht es dann um „Amerikanische Hartleibigkeiten“, was u.a. das Blut auf dem Gründungsmythos von Texas und die Denkmäler konföderierter und sonstiger Sklavenhalter meint. In dem längsten Essay des ganzen Bandes setzt sich Solnit aber auch mit einem expliziten Fall von Polizeigewalt (mit Todesfolge) in San Francisco auseinander (ein Text, der ein wenig an Joan Didion erinnert) und beschreibt dabei auch die Umwälzungen, die in den meisten amerikanischen Großstädten an der Tagesordnung sind. In einem anderen, berührenden Essay beschreibt sie den Fall eines mit großer Wahrscheinlichkeit zu Unrecht verurteilten Strafgefangenen, der mittlerweile, nach zahllosen Besuchen, auch ein Freund geworden ist – und auch hier ist der konkrete Fall natürlich der Ausgangspunkt für eine Betrachtung des ganzen Systems. Auch die Verhinderung einer Ölpipeline, mehrheitlich durch Vertreter*innen der Native Americans, ist Thema eines Textes.

Der vierte Abschnitt fasst dann drei Texte unter dem Titel „Möglichkeiten“ zusammen. Gleich der erste Text ist eine Antrittsvorlesung an der Graduate School of Journalism an der University Berkeley. Es ist vielleicht das Meisterstück dieser sehr überzeugenden Essaysammlung. Als Stichwort für die Rede wählte Solnit die Redewendung „[to] Break the Story“.

Der dominanten Kultur ist meisthin daran gelegen, ebenjene Geschichten zu stärken, auf denen sie wie auf Säulen ruht, Säulen, die allerdings allzu häufig zugleich die Käfigstäbe anderer sind. […] Warum nur machen die Medien so brav ein derartiges Gewese um Terrorismus, dem in den Vereinigten Staaten so wenige zum Opfer fallen, während sie gleichzeitig häusliche Gewalt verharmlosen, durch die Millionen amerikanischer Frauen über lange Zeiträume terrorisiert und alljährlich fast tausend getötet werden? […] Ich glaube, dass die Mainstream-Medien gar nicht so sehr rechts- oder linkslastig sind, sondern vielmehr Status-quo-lastig. Sie tendieren dazu, Menschen in Machtpositionen glauben zu schenken, auf Institutionen, Unternehmen, die Reichen und Mächtigen zu vertrauen – also so gut wie jedem selbstbewusst auftretenden weißen Mann in einem Anzug. Sie tendieren dazu, Menschen, die längst bewiesen haben, dass sie die Unwahrheit sagen, noch mehr Lügen erzählen zu lassen und dann noch ausführlich darüber zu berichten; von Thesen auszugehen, die längst als widerlegt gelten […] Zukünftige Generationen werden uns mehrheitlich dafür verfluchen, dass wir uns mit Belanglosigkeiten abgelenkt haben, während der Planet brannte.

Es ist eine Rede, bei deren Lektüre ich mir wünsche, dass alle Journalist*innen der Welt sie verinnerlichen würden, damit die „vierte Gewalt“ im Staat wirklich überall das aufklärende und wachsame Organ wird, das es sein könnte. Journalist*innen als Schöpfer*innen und Zerstörer*innen von Geschichten – Solnit löst dieses Potenzial, diese Verantwortung, in ihren eigenen Texten ein und fordert sie von den Studierenden, zu denen sie spricht.

Auch die anderen beiden Texte handeln von Courage, von Mut: dem Mut, Veränderungen in Gang zu setzen, selbst wenn nicht direkt Ergebnisse zu erwarten oder Wirkungen zu ersehen sind. Es geht ums tun und nicht ums Siegen, wie schon Konstantin Wecker sang. Der Zweifel am Tun ist zwar wichtig, aber ihn selbst als entscheidende Tat zu sehen, wäre fatal.

„Die Dinge beim Namen nennen“ ist ein lebenskluges, gleichsam feinsinniges und Klartext redendes Werk. Solnit, umtriebig und doch bei jedem Thema sehr fokussiert, festigt ihren Ruf als wichtige und profilierte Stimme ihrer Zeit. Sie spricht hier von Dingen, die uns alle angehen und die sie klug und beredet beim Namen nennt. Neben Ta-Nehisi Coates “We were eight years in power – Eine amerikanische Tragödie” ist es außerdem das beste Buch über die derzeitigen amerikanischen Verhältnisse, das ich kenne.

 

Zu Florian Hartlebs “Einsame Wölfe”


Einsame Wölfe “Einem Einzeltäter traut man es scheinbar [anscheinend! – Anmerkung des Rezensenten] nicht zu, sich ohne direkte Anbindung an eine Gruppe zu radikalisieren und danach unter dem Denkmantel von politischem Fanatismus in Eigenregie loszuschlagen – als Ultima Ratio. […] Die Bezeichnung ‘Einzeltäter’ steht in diesen Fällen lediglich für die konkrete Tatplanung. Sie verneint nicht, dass die einschlägige Gewalt- und Ideologiefixierung der Täter Ursachen hat, dass ihre Taten Folge von Kommunikation und Interaktion mit Gleichgesinnten sein können und dass die Akteure sich angesichts von zunehmender Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft und des damit einhergehenden Diskurses motiviert fühlen. […] Sie wollen in erster Linie eine ethnische Minderheit im eigenen Land ins Mark treffen und stellvertretend die Gesellschaft als Ganzes. Gerade die Opferwahl unterscheidet den Rechtsterrorismus von anderen Varianten des Terrors – vom Linksterrorismus, der sich gegen Symbole des Kapitalismus richtet, und vom islamistischen Fundamentalismus, der den Westen und ‘Andersgläubige’ ins Visier nimmt. […] Dieses Buch will die längst notwendige Auseinandersetzung mit dem neuen rechten Terrorismus anstoßen, der gerade nicht importiert ist, sondern mitten unter uns entsteht.”

Einer der schlimmsten Terrorakte des 21. Jahrhundert wurde von einem rechtextremistischen Täter verübt: am 22. Juli 2011 zündete Anders Breivik im Regierungsviertel von Oslo eine Bombe und erschoss anschließend 67 Menschen auf der Insel Utøya. Obwohl er zu einigen rechtsextremen Gruppen Kontakt hatte, plante er die Tat allein und führte sie auch allein aus. Genau fünf Jahre später erschoss der 18 jährige David Sonboly neun Menschen (die meisten mit Migrationshintergrund) im Olympia-Einkaufszentrum in München; auch er war ein Einzeltäter, der fast ausschließlich via Internet seine rechtsextremen Kontakte pflegte.

U.a. diese beiden miteinander verwobenen Terrorakte nimmt Florian Hartleb zum Anlass, in seinem Buch von einem Terrorismus der „einsamen Wölfe“ (von rechts) zu sprechen und ihn als eine der großen Gefahren unserer Zeit zu bezeichnen. Die Figuren, auf die er sich im Folgenden konzentriert (es sind etwa ein Dutzend konkrete Fälle) haben allesamt rassistisch oder ideologisch motivierte Straftaten begangen – von Amokläufern unterscheidet sie, dass nicht die persönliche Kränkung, sondern eine rechtsextreme Gesinnung, ein Weltbild oder ideologische Überzeugungen der Antrieb für die Taten waren; im einen Fall haben die Täter eine Sendungsauftrag, im anderen geht es ihnen nur um die Aufhebung ihrer Kränkung.

“Während bei islamistischen Tätern die Ideologie als zentraler Erklärungsansatz gilt, wird bei rechten Tätern die rassistische Gesinnung oft als Nebenaspekt abgetan.”

Hartleb durchleuchtet auch, in aller Kürze, die Ursprünge des rassistisch motivierten Terrors, die Standardwerke und Leitmotive dieser Szene, kommt auf den NSU und andere Formen des Terrors zu sprechen. Sein Buch ist ohne Frage ein wichtiger Beitrag und es weiß über weite Strecken mit seiner These zu überzeugen. Schwieriger wird es, wenn Hartleb die Psyche der einzelnen Täter zu analysieren beginnt – dabei häuft er teilweise zu viele Details an, manche davon werden einfach mal so in den Raum gestellt, manche genauestens hinterfragt; mitunter verirrt man sich in diesen Details und auch wenn Hartleb durch seine Darstellungsweise einen vielschichtigen Eindruck gewährt, wäre es doch besser gewesen, wenn er manchen Passagen ein einheitlicheres Narrativ gegeben hätte oder sie klarer sturkturiert hätte.

“Einsame Wölfe sind Teil eines globalisierten Rechtsterrorismus, eines virtuellen Netzwerks, in dem potenzielle Täter miteinander verbunden sind.”

Hartleb deckt einige klare Versäumnisse der Behörden auf und fördert Erschreckendes über die Vernetzung von Extremisten untereinander zutage. Sein Buch ist erfreulicherweise selbst kaum ideologisch aufgeladen, ihm geht es um die fehlende Auseinandersetzung und die Wichtigkeit seines Themas, nicht um die Einrichtung einer Front im Bedeutungskampf Rechtsterrorismus vs. islamistischer Terror (Julia Ebner hat in ihrem Buch „Wut“ eh schon gezeigt, wie wesensgleich diese beiden Extremismen sind).

Als Schlaglicht und übersichtlicher Einstieg taugt dieses Buch ganz wunderbar, zum Standardwerk dagegen nicht, dafür deckt es nicht genug ab, lässt einige Wege unbeschritten. An seinem Umfang gemessen ist es dennoch ausgesprochen informativ.

Die Spaltungen in der Gesellschaft (und generell unser Zeitalter) bringen eine höhere Anzahl radikalisierter Individuen hervor und darauf müssen Staat und Behörden vorbereitet sein, sie müssen möglichst früh eingreifen und bekannte Radikalisierungsprozesse irgendwie unterbinden. Hartleb nennt am Ende seines Buches ein paar gute Ansätze. Allein deswegen ist es lesenswert.

Zu Alessandro Bariccos “Die Barbaren”


Die BarbarenOhne Mutation kein Leben, ohne Mutation kein Überleben, Binsenweisheit ahoi. Das gilt nicht nur für organische Strukturen, sondern auch für kulturelle. Hier entsteht die Mutation meist aus dem Konflikt zwischen Tradition und Fortschritt, Bewahrten & Bewährtem und neuen Entdeckungen. Auf der einen Seite also die institutionalisierte Einrichtung der Gesellschaft, auf der anderen Seite „Die Barbaren“ – ein uralter Topos, der schon im Gilgamesch-Epos verhandelt wird und seitdem oft bemüht wurde.

Alessandro Baricco hat in seinem Buch „Die Barbaren“ (ein in der Zeitung publizierter Fortsetzungstext, im Original bereits 2006 erschienen) die letzten Jahrzehnte in Augenschein genommen und sie nach Anzeichen für Mutationen durchsucht. Die Thesen, die er dabei herausarbeitet, sind nicht übermäßig spektakulär, aber doch bedenkenswert und mitunter durchaus offenbarend.

(Von hier an: SPOILER-Gefahr)

Im Kern kann diese Erkenntnisse folgendermaßen zusammenfassen: wir haben (längst) ein neues Zeitalter betreten, das viele Vorstellungen, die wir noch hegen und pflegen, abbaut und manchmal schon durch Attrappen ersetzt hat. Das letzte Zeitalter war eines des Buches, des bürgerlichen Aufbruchs, der Verfeinerung und Vertiefung vieler Künste, der großen Ehrfurcht und sein Ende/seine Transformation hat spätestens mit der Erfindung des Internets eingesetzt, vermutlich aber schon mit dem Privatfernsehen, dem Fastfood, der Globalisierung.

Das ist nicht unbedingt eine bahnbrechende Erkenntnis, die auch schon an anderen Stellen anders formuliert wurde. Bemerkenswert ist aber, mit welch unterhaltsamer und leichtfüßiger Raffinesse Baricco den Prozess und seine Indizien freilegt. Er beginnt mit einigen Rückblicken und versucht das Ende des letzten Zeitalters festzustellen; dabei stößt er auf die Reaktionen und Kritiken, die kurz nach der Uraufführung von Beethovens neunter Symphonie erschienen. Vielen Traditionalisten galt sie damals als ungeheuerliches, fremdes und wenig fruchtbares Machwerk, beeindruckend zwar in seiner Schierheit, aber hauptsächlich eigenwillig, irritierend.

Diese Musik ist Flagge, Hymne, erhabenes Festungswerk geworden. Sie ist unsere Kultur. Nun, es hat eine Zeit gegeben, in der die Neunte das Banner der Barbaren war!

Auch Romane galten bei ihrem Aufkommen als eine Art Angriff auf die damalige Kulturlandschaft – heute gilt (ob nun zurecht oder nicht) der- oder diejenige als Barbar*in, der/die keine Romane liest. Oder besser: galt. Denn eben diese Einteilungen verschieben sich wieder und unaufhaltsam, selbst wenn viele noch an ihnen festhalten. Mutation ist ein schleichender Prozess, der aber letztlich alles umkrempelt und eine neue Ebene einführt, auf alles andere draufsetzt.

Dabei werden Traditionen ausgehöht und gekapert, transformiert. Baricco bringt drei Beispiele jüngster Zeit: Wein, Fußball und Bücher. Anhand ihrer Geschichte und der Veränderung der Dynamiken in ihrem Bereich, zeigt er wie sich vor allem unser Verständnis von der Erfahrung (unbewusst) gewandelt hat. Steckte sie im nun ausklingenden Zeitalter in der Tiefe, im Vertiefen, verteilt sie das neue Zeitalter auf der Oberfläche, springt von einer Erfahrung, von einem Reiz zum nächsten, anstatt einen voll auszuloten.

Es ist faszinierend, spannend und, wie gesagt, sehr unterhaltsam, mit Baricco eine Reise durch diese Aspekte kultureller Veränderungen zu unternehmen und dabei die eigene Wahrnehmung ein bisschen aufzuspalten, zu reflektieren. Baricco plaudert oft bescheiden vor sich hin, um dann doch wieder, mit Wucht, zum Kern seiner Überlegungen vorzustoßen.

Es gibt interessante Anekdoten in diesem Buch, tolle Formulierungen. Einige Abschnitte beschäftigen sich mit Walter Benjamin und Baricco gelingt, nebenbei, ein tolles Portrait dieses bahnbrechenden und unverzichtbaren Denkers.

Was ihn an der Gegenwart faszinierte, waren die Anzeichen für Mutationen, die diese Gegenwart auflösen würden. Ihn interessierten Verwandlungsprozesse; Zeiten, in denen die Welt in sich selbst ruhte, waren ihm völlig egal. Von Baudelaire bis zur Reklame – alles, worüber er sich beugte, wurde zur Prophezeiung einer zukünftigen Welt und zur Ankündigung einer neuen Kultur. […] Verstehen bedeutet für ihn nicht, den Untersuchungsgegenstand durch eine Definition auf der bekannten Landkarte der Wirklichkeit unterzubringen, sondern zu erahnen, wodurch dieser Gegenstand die Landkarte so verändern würde, dass sie nicht wiederzuerkennen ist.

„Die Barbaren“ kann einem vieles vor Augen führen, u.a. dass unsere Wahrnehmung von Geschichte, von Verlauf, meist stark gefärbt ist durch die Umstände und Einrichtung unserer derzeitigen Lebenswelt und den darin propagierten Vorstellungen der Vergangenheit; wir nehmen sie durch das Okular unseres Erfahrungsstandes wahr. Kultur ist nichts Starres, sondern immer im Fluss, und auch wenn hier und da Dämme gebaut werden, groß wie die chinesische Mauer – sie können nur die Illusion von Kontrolle erzeugen und auf die Dauer die Mutation der Kultur nicht aufhalten, ihre flüssige Konsistenz nicht leugnen. Mit ihr lässt sich nichts in Stein meißeln, nur manches über lange Strecken dahintragen.

In jedem Fall: ein tolles, fesselndes, kluges Buch, dabei selten schwerfällig oder verkopft, sondern immer auch ein bisschen leichtsinnig, fröhlich, Haken schlagend. Wer ein bisschen fasziniert werden will, der greife zu.

Zu den “Sämtlichen Gedichten” von Matthias Politycki


Sämtliche Gedichte Politicky “In jedem Mond steht steil ein Stöckelschuh.
Aus jedem U-Bahn-Schacht rülpst ein Gedicht.
Durch jede Zeile, da fließt du und du und du –
ein grüner Tintentext: mehr nicht.

In jeder Pfanne brät ein Kruzifix.
Aus jedem Pflasterstein grinst ein Gesicht.
Mit jedem Wort schweigst du und du und du –
ein schwarzgedruckter Text: mehr nicht.”

Wenn Bruce Springsteen ein dichtender Automechaniker ist, dann ist Matthias Politycki ein dichtender Tresentyp, ein Großstadtbewältiger, ein Alltagsheld, ein Austeiler und Einstecker par excellence. Seine schnoddrigen und immer etwas gegen den Strich gebürsteten Gedichte sind sicher nicht die besten Beispiele für hohe Lyrik, aber ein Beweis für die breiten Möglichkeiten, die sich für die Lyrik abseits des hohen Tons auftun; und in diesem Abseits entwickeln sie manchmal ungeahnte Kräfte, Verve und eine knittrige Eleganz.

Mit diesem Band kann man sich in der ganzen Bandbreite von Polityckis Lyrik suhlen, sie entlangschlendern, sich hier und da einen tiefen Schluck aus dem Versfass genehmigen. Man wird auf viel Bier, Bockigkeit, feine Ressentiments, scharfe Zärtlichkeiten, gedruckste und missmutige Leidenschaften und manchen Stilbruch stoßen. Schön ist, dass sich viele dieser Gedichte etwas Unerwartetes bewahrt haben, sie ziehen schnell, sie treffen die Lesenden unvorbereitet, sie überrumpeln und entrümpeln die Vorstellungen.

Wem Lyrik oft zu heilig ist, der wird seine Freude an Polityckis teilweise anarchischen, teilweise innovativen, oftmals gerade heraus gehenden, manchmal fast pöbelnden, streitbaren, dann wieder leuchtenden Gedichten finden. Hier gibt sich einer nicht mit Geläufigkeiten zufrieden, ist aber auch nicht bloß ein Krawallfürst. Polityckis Lyrik fühlt sich zwischen den Stühlen wohl, geerdet, aber doch immer wieder virtuos über sich hinauswachsend. Seine Verse erschließen das Verquerte, Verquaste, Verkehrte des Daseins und finden dennoch Platz für poetische Säume, die sie oft raffen, oft durch den Schmutz des Lebens schleifen. Manchmal werden sie aber auch einfach in diesem Saumsein belassen.

“Fels fügt an Fels sich,
Gedankeninseln im Meer:
im Dort und im Dann.
Das Paradies wartet stets,
so wie ich, traurig, auf nichts.”

Zu “Mit fremden Federn” von Anett Kollmann


Mit fremden Federn Viele Fälle von Hochstapelei sind bekannt und nur manche haben etwas mit Übertreibung zu tun. Wobei man schon sagen könnte: ein/e gute/r Betrüger*in muss ein bisschen over the top gehen, um Glaubwürdigkeit nicht nur simulieren, sondern wirklich zu transportieren, zu suggerieren. Was an tatsächlichen Gaben und Geschicken fehlt, muss mit Gebaren ausgeglichen werden.

Anett Kollmann hat ein vergnügliches und wunderbares Buch über die Kunst geschrieben, sich mit fremden Federn zu schmücken und gleichsam hier und dort eine schöne Geschichte damit zu schreiben, ein fiktives Porträt zu zeichnen, dem eine eigentlich nicht vorhandene Glorie innewohnt. Sehr gut zeigt sie dabei auch die instinktiven Qualitäten der Hochstapler*innen auf, die eben nicht nur Meister der Täuschung, sondern auch Meister der Gelegenheit sind, im wahrsten Sinne des Wortes: manche von ihnen haben das Erkennen der Gelegenheit “gemeistert” und die Zeichen der Zeit fabulös (um)gedeutet.

Andere hatten einfach nur (wiederum wortwörtlich) unverschämtes Glück, das ihnen zur Hilfe kam und ihr unvermeidliches Scheitern eine Weile hinauszögerte. Letztlich sind alle Leute, die sich Geschichten ausdenken, Hochstapler*innen, nur das diejenigen, die sie auch zu leben versuchen, als solche bezeichnet werden. Wie heißt es im Vorspann der Serie “Castle”: “Es gibt zwei Menschen, die überlegen, wie man am besten Leute umbringt: Psychopathen und Krimi-Autoren. Ich gehöre zur besser verdienenden Sorte”. Und auch zur akzeptierten, gesellschaftlich geduldeten, könnte man ergänzen.

Natürlich kann man Mörder*innen nicht dudeln und auch Hochstapler*innen nicht. Aber genauso wie Mörder*innen stets eine abschreckende Faszination auf die Leser*innen von Kriminalliteratur oder Zeitungsartikeln ausgeübt haben, ist da etwas in den Geschichten über Hochstapler*innen, das uns auf seltsame Weise an uns selbst erinnert. Insofern, dass wir alle schon mal den leichten Weg gehen wollten, alle mal davon geträumt haben im Lotto zu gewinnen und schon mal darüber fantasiert haben, wie man dem eigenen Glück nachhelfen könnte. Hochstapler*innen tun nichts anderes: Sie helfen ihrem Glück etwas nach.

Sie sind gesellschaftlich untragbar und doch menschlichste Individualisten, sie sind besondere Exemplare und doch ein/e Jedermann/frau, der/die die geheimen Regungen von Tausenden mit leichter Hand auf die Leinwand der Geschichte schmiert.

Wer sich ein paar der daraus entstandenen Gemälde näher ansehen will, mit Kunstverstand und Witz kommentiert und mit Hintergrundwissen ausgestattet, der sollte zu diesem Buch greifen.

 

Frisch rausgekommen: Ein launig-literarisches Buch über “Bestseller” von Jörg Magenau


Bestseller „Im Phänomen der Bestseller aber wird aus unseren einsamen Lektüren ein gemeinschaftlicher Vorgang: Derselbe Prozess, dieselbe Verschmelzung ereignen sich vielfach.“

Seit jeher liegt er zwischen Schund und schöner Kunst: der Bestseller. Manches Buch, das sich rasend verkauft, wird zwar auch von der Kritik gefeiert (oder durch sie erst zum Bestseller gemacht), aber letztlich sind die Hauptverdächtigen dieser Absatzkategorie (Krimis, Biographien, Selbsthilfe- und reißerische bis esoterische Sachbücher) meist gerade das, was man nicht als Hochliteratur bezeichnen würde. Manche Nobelpreisträger*innen waren Bestsellerautor*innen – aber viele auch nicht. Der Geschmack der Masse, das ist schon lange klar, ist keine Garantie für ästhetische Qualität – aber für irgendeine Qualität ja doch, oder? Aber worin besteht diese – und was sagt sie über uns aus?

In seinem Buch „Bestseller“ hat der Autor und Literaturkritiker Jörg Magenau den Versuch unternommen, sich dem Phänomen des vielverkauften, manchmal sogar Epoche machenden oder Zeitgeist beeinflussenden Buches, in den verschiedenen Gewändern, in denen es auftreten kann, anzunähern – und unternimmt dabei gleichzeitig eine Reise durch 60 Jahre deutschsprachiger und internationaler Geistes- und Literaturgeschichte.

Im Zentrum seiner Erörterungen steht dabei u.a. die These, dass das Phänomen des Bestsellers oft Symptom eines aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnisses ist. Magenau weiß durchaus gute Argumente für seine Einschätzungen vorzubringen und passagenweise ist die Präzision und Feinfühligkeit seiner Darstellung und seiner Ideen ein Hochgenuss. Es gibt durchaus auch Kapitel, die stellenweise ein bisschen seichter dahingleiten, aber alles in allem ist der Mix aus Launigkeit und Sensibilität, den Magenau bei seinen Analysen und Beschreibungen an den Tag legt, erfreulich und mitunter inspirierend.

Von der Blechtrommel bis zum geheimen Leben der Bäume, von Sarrazin bis Hildegard Knef: besonders schön ist, dass Magenau, trotz seines übergreifenden Themas, jedem Kosmos an Büchern, ob nun Ratgeber oder DDR-Roman, eine eigene Behandlung angedeihen lässt und sich mal mehr mit den gesellschaftlichen Zusammenhängen, mal mehr mit dem Erfolgsrezept, mal mehr mit den Verwandtschaften der einzelnen Titel auseinandersetzt. Sodass am Ende gilt: Über manches Buch mag man weiterhin den Kopf schütteln, aber nach Magenaus Ausführungen wird man zumindest verstehen, wie oder warum dieses Buch zum Bestseller werden konnte und was es trotz aller Abneigung, die wir ihm entgegenbringen mögen, über uns und unsere Mitmenschen aussagt. Und nebenbei lernt man noch ein bisschen was über die innere Mechanik der Bestsellerei – und wird außerdem aufs Wunderbarste zum Lesen animiert.

Kurzum: Ein lesenswertes, wenig belehrendes, dafür aber lehrreiches Buch, bei dem Unterhaltung und Faszination nicht zu kurz kommen!

„Lesen heißt fliehen, um verwandelt zurückzukehren. Auch Träumen ist erlaubt. Darin liegt die subversive Kraft der Bücher.“

 

Zu Rebecca Solnits “Wenn Männer mir die Welt erklären”.


Wenn Männer mir die Welt erklären „das Syndrom, von dem ich spreche, ist ein Krieg, dem sich fast jede Frau Tag für Tag ausgesetzt sieht, ein Krieg, der auch in ihrem Innern stattfindet, die Überzeugung, überflüssig zu sein, die Verlockung zu schweigen, und selbst eine Karriere als Schriftstellerin (die ausgiebig recherchiert und korrekte Fakten liefert) hat mich von all dem nicht gänzlich befreien können.“

Es beginnt mit einer Geschichte, die mittlerweile vermutlich hinlänglich bekannt ist, zumal sie auch anekdotischen Charakter hat: auf einer relativ unspektakulären Dinner-Party fragt ein älterer Herr Rebecca Solnit nach ihren Büchern. Sie will gerade anfangen von ihrem neusten Buch über Eadweard Muybridge zu erzählen, da fällt er ihr auch schon, kaum dass sie den Namen erwähnt, ins Wort und beginnt, selbst von einem Buch über Muybridge zu erzählen, das im selben Jahr erschienen ist.

Schnell wird Rebecca Solnit klar, dass es ihr Buch ist – eine Möglichkeit, die dem Gastgeber nicht in den Sinn zu kommen scheint und auch Hinweise bringen ihn zunächst nicht aus dem Konzept, er doziert frohgemut weiter. Als die Information dann doch zu ihm durchdringt, kommt heraus: er hat das Buch gar nicht gelesen, sondern nur eine Besprechung im New York Review.
Eine hübsche Gegebenheit mit einer guten Pointe, wäre da nicht der symptomatische Kern – ein Kern, der sogar noch ein bisschen über das hinausgeht, was in den letzten Jahren, anhand von Begriffen wie „mansplaining“, kritisch verhandelt wurde.

„Falls ich es in meinem Essay nicht klar genug zum Ausdruck gebracht habe: Ich finde es wunderbar, wenn mir jemand etwas erklärt, was mich interessiert und womit er oder sie sich auskennt, ich mich hingegen nicht; die Unterhaltung gerät erst dann in eine Schieflage, wenn man mir etwas erklärt, womit ich mich auskenne, der oder die Erklärende jedoch nicht.“
(Aus dem Nachsatz, vier Jahre nach dem Essay entstanden)

Mansplaining klingt nämlich zunächst einmal nervig, unnötig, arrogant, ignorant und paternalistisch, aber nicht unbedingt schwerwiegend. Das Problem reicht aber noch tiefer, wie Solnit im Verlauf des Essays und im Verlauf des ganzen Buches, in verschiedenen Texten, ausführt; es ist im Prinzip dasselbe Problem, das Ingeborg Bachmann in der Erzählung „Simultan“, Karen Blixen in ihren Briefen oder Virigina Woolf in ihrem Essay „A room of one‘s one“ beschreiben: die Schwierigkeit, als Frau ernstgenommen, und, noch grundsätzlicher, als selbstbestimmt wahrgenommen zu werden.

„es muss auf diesem Planeten mit seinen sieben Milliarden Bewohnern Milliarden von Frauen geben, denen immer wieder erzählt wird, dass sie keine verlässlichen Zeuginnen ihres eigenen Lebens seien, dass ihnen die Wahrheit nicht gehöre, weder jetzt noch jemals sonst.“

Die Anekdote verdeutlicht also nicht nur das Problem des bevormundenden Mannes, es verdeutlicht einen Teil, wenn nicht sogar die ganze Struktur des Patriachats. Und das besteht nicht nur aus erklärungswütigen Männern. Es besteht aus Männern, die meinen, sie könnten entscheiden, was Frauen mit ihrem Körper tun sollten und was nicht; es besteht aus Männern, die meinen, sie hätten das Recht, an Frauen sexuelle Handlungen zu vollziehen oder mit ihnen in eine sexuelle Beziehung zu treten, ohne vorher ihr Einverständnis eingeholt zu haben; es besteht aus Männern, die Frauen zum Schweigen bringen, wenn sie gegen sie aufbegehren, mit Mitteln wie Verleumdung, Banalisierung, Hysterie-Vorwürfen etc., aber auch mit Mitteln der Gewalt bis hin zu Demütigung und Mord.

„gibt es ein weitverbreitetes, tiefgreifendes, schreckliches Muster der Gewalt gegen Frauen, das permanent übersehen wird. Hin und wieder erfahren Fälle, an denen prominente Persönlichkeiten beteiligt sind, oder die schauerlichen Einzelheiten eines Geschehens ein großes Medienecho, doch diese Fälle werden als Anomalien behandelt, während die Flut beiläufiger Pressemeldungen über Gewalt gegen Frauen hier bei uns wie in jedem anderen Land der Erde […] eine Art Hintergrundtapete für die Nachrichten darstellt.“

Und darum geht es in diesem Buch. Es wäre schade, würde man dieses Buch mit einem Nicken und dem Gedanken abtun: ja, kenne die Anekdote, kenne das Problem. Denn Solnit fächert hier in mehreren Essays eine ganze Palette von Problemen auf, die mit patriarchalen Strukturen und dem Rollenbild der Frau in unseren Gesellschaften zu tun haben.

Der zweite Text beispielsweise beschäftigt sich mit dem Themenkomplex Gewalt und Männlichkeit.

„Gewalt hat keine Rasse und keine Klasse, keine Religion und keine Nationalität, aber sie hat ein Geschlecht.
An dieser Stelle möchte ich eines betonen: Auch wenn so gut wie alle diese Verbrechen von Männern begangen werden, bedeutet das nicht, dass alle Männer gewalttätig wären. Die meisten sind es nicht. Zudem erfahren offenkundig auch Männer Gewalt, zum großen Teil durch andere Männer, und jeder gewaltsame Tod, jeder Angriff ist schrecklich.“

Natürlich ist es den meisten Menschen irgendwie klar. Man muss ja nur in die Geschichtsbücher schauen: die meisten Kriege wurden von männlichen Anführern mithilfe der männlichen Bevölkerung ausgefochten (wobei natürlich nicht nur die männlichen Bevölkerungsmitglieder unter Kriegen zu leiden hatten!). Die meisten Mörder, die die Geschichtsbücher nennen, sind Männer.
Aber auch ein Blick in die Zeitung von heute reicht aus: die Anzahl der Verbrechen gegen Frauen ist gewaltig. Nur wird jedes Verbrechen als Einzelfall behandelt und mit allem möglichen in Verbindung gebracht, nur nicht mit dem generellen Problem, dass es auch in unseren Gesellschaften nicht selten vorkommt, dass ein Geschlecht dem anderen in vielen Situationen ausgeliefert ist – und das nicht, weil Frauen hilflose Wesen sind, sondern weil Männer öfter gewalttätig sind und ihre Gewaltbereitschaft sie zu einer ständigen Gefahr macht.

Auch Frauen begehen Verbrechen. Auch Frauen üben Gewalt in Beziehungen aus – aber das endet erstens selten tödlich und zweitens sind diese Taten in einem hohen Prozentsatz der Fälle Akte der Notwehr oder der Angst oder der Verzweiflung.

„Die Verfügbarkeit von Waffen ist in den Vereinigten Staaten offenkundig ein Problem. Dennoch werden neunzig Prozent der Morde an Männer begangen, obwohl Waffen für alle verfügbar sind. […] Alle neun Sekunden wird in unserem Land eine Frau geschlagen. […] Die Haupttodesursache von schwangeren Frauen sind in den USA die Ehemänner. […] Unter den amerikanischen Ureinwohnerinnen wird jede dritte Frau vergewaltigt, wobei achtundachtzig Prozent der Täter in den Reservaten nicht-indianischer Herkunft sind […] Nach Informationen des Theaterprojekts Ferite a morte der Schauspielerin Serena Dandini und ihrer Kolleginnen werden weltweit jedes Jahr rund sechsundsechzigtausend Frauen von Männern unter bestimmten Umständen getötet, für die die Gruppe den Begriff femminicidio, Feminizid, geprägt hat. Meist werden diese Frauen von Liebhabern, Ehemännern, ehemaligen Partnern umgebracht, die damit die extremste Form von Beherrschung ausüben, die endgültige Form der Auslöschens, des Zum-Schweigen-Bringens, des Verschwindenlassens. […] Die üblichen Ratschläge [für die Verhinderung von Vergewaltigungen beispielsweise] bürden die gesamte Last der Prävention den potenziellen Opfern auf, während sie die Gewalt als gegeben voraussetzen.“

Nicht nur die Gewalt, was schlimm genug ist, sondern auch die damit verbundene Idee von Männlichkeit wird als gegeben hingenommen. Unterbewusst scheint unser System andauernd zu verkünden: Männer sind halt so, Frauen sind halt so. Die Phrase schwingt mit: wenn der Präsident im Fernsehen eine selbstgefällige Rede hält; wenn sich ein Freund aus Frustration in eine misogyne Bemerkung versteigt; wenn der eigene Vater beim Weihnachtsessen eine witzig gemeinte sexistische Bemerkung macht und die eigene Mutter nur müde lächelt; oder wenn man mal wieder auf fadenscheinige Art ein sexueller Übergriff kleingeredet wird.

„Wenn wir über Verbrechen wie diese reden würden und darüber, warum sie so häufig geschehen, müssten wir auch darüber reden, welche tiefgreifenden Veränderungen unsere Gesellschaft, dieses Land und so gut wie alle anderen Länder brauchen. Täten wir es, müssten wir über Männlichkeit oder männliche Rollenbilder reden und vielleicht auch über das Patriachat, und darüber reden wir nicht gerade oft.“

Das Problem ist: wenn sich dieses Denken nicht ändert, sehe ich nicht nur ein Problem für unsere Gesellschaften, sondern überhaupt für unsere Welt. Denn sehen wir uns doch mal um: wenn es stimmt, dass diese Welt lange Zeit eine „man’s world“ war, dann (bei allen großartigen Erfindungen und Errungenschaften, Erfolgen und Ideen, die auch nicht ohne die unsichtbare Mitarbeit, Hilfe und Unterstützung des weiblichen Teils der Bevölkerung möglich gewesen wären) sollte sie es in Zukunft nicht mehr sein, denn dann hat sie keine Zukunft. Vielleicht bin ich da pessimistisch, sogar hysterisch, aber ich glaube, dass es schon einen (wenn auch nicht alleinigen) Zusammenhang gibt zwischen überholten Männlichkeitsbildern und den Kriegen und sonstigen Konflikten, mit denen die Welt von jeher überzogen wird. Und da hilft es nicht zu sagen: Männer sind halt so. Es existiert in unseren Gesellschaften die Idee eines Menschen, der sich aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten zu seinen eigenen tierischen Instinkten und auch zu seinen eigenen bisherigen geistigen Erzeugnissen und Wahrheiten verhalten und sie reflektieren kann. Ohne diese Idee keine Zivilisation. Und diese Idee sollte nicht vor veralteten Geschlechterrollen halt machen.

Als ich mich anhand dieses Buches (und anderer Bücher) und natürlich auch in Gesprächen mit Freund*innen mit der Problematik des Patriachats auseinanderzusetzen begann, war ich anfangs oft erschüttert, verunsichert, wie ich mich nun positionieren sollte; diese Verunsicherung hat sich bisher nicht geklärt und mittlerweile glaube ich, dass diese Verunsicherung eine Form von Achtsamkeit/Aufmerksamkeit/Bewusstsein ist, die ich nicht überwinden, sondern erstmal beibehalten sollte.
Natürlich werde ich die ganze Wucht der Problematik nie nachvollziehen können, denn mir fehlt das Gefühl unmittelbar betroffen zu sein; ich habe nie die Konsequenz erfahren, mit der eine so geartete Wirklichkeit mein Handeln bedingt, bedrängt und einschränkt; ich kann nicht wissen, was das mit einem macht, körperlich, psychisch. Ich kann es nur erahnen, aber diese Ahnung reicht mir, um zu wissen, dass etwas grundlegend falsch läuft.

„Oder wie eine gewisse Jenny Chiu twitterte: »Klar, #NichtAlleMänner sind Vergewaltiger und Frauenfeinde. Aber darum geht es nicht. Der springende Punkt ist: #JaAlleFrauen leben in der Angst vor denjenigen, die es sind.«“

Ich muss zugeben, seitdem ich Rebecca Solnits Buch gelesen habe, habe auch ich Angst. Nicht vor anderen Menschen, aber vor mir selbst. Ich denke nicht, dass ich dazu in der Lage wäre jemandem Gewalt anzutun, jemanden sexuell zu nötigen. Ich will es nicht und ich bin außerdem überzeugt davon (auch wenn das abgeschmackt pathetisch klingt), dass ich damit einen unermesslichen Schaden in meiner eigenen Seele anrichten würde. Aber ich habe Angst davor, jemandem Angst zu machen.

Ich lief einmal mit einem Freund spätnachts durch die Wien. An einer Ampel fragte er eine junge Frau, die uns allein entgegenkam, nach einer Zigarette und Feuer. Wir gingen weiter und nach einer Weile sagte er (in etwa): „Dieser Ausdruck der Erleichterung auf ihrem Gesicht, als sie merkte, dass ich nur nach einer Zigarette fragen wollte.“ Auch ich hatte den Ausdruck gesehen. Erst den kurzen Schreck, als er sie ansprach, und dann die Veränderung in ihrem Gesicht, das erleichterte Lächeln, als er etwas ungelenk und entschuldigend seine Bitte vorbrachte: Er wisse, Schnorren sei irgendwie uncool, aber wir hätten noch einen langen Heimweg, etc.

Ich kenne meinen Freund und weiß, er ist nett und keineswegs gefährlich. Aber allein die Tatsache, dass er ein Mann ist und sie nachts auf offener Straße anspricht, während nur ein anderer Mann anwesend ist, bringt diese Frau kurz aus dem Gleichgewicht. Nicht, weil wir über die Maßen bedrohlich wirkten und vermutlich auch nicht, weil sie eine schreckhafte Person ist. Sondern weil wir in einer Welt leben, in der Frauen ständig Angst vor sexuellen Übergriffen und Gewalt haben müssen – sie wachsen in dieser Gewissheit auf, sie erleben es immer wieder, die permanente Möglichkeit wird ihnen eingetrichtert.

„Die Vorstellung, Frauen schuldeten Männern Sex, existiert praktisch überall. Genau wie mir damals, wird vielen Frauen schon im Mädchenalter eingeredet, dass wir mit Dingen, die wir getan, gesagt oder getragen hätten, oder einfach nur durch unser Aussehen beziehungsweise durch die Tatsache, dass wir Frauen sind, Begierden ausgelöst hätten, daher seien wir vertraglich verpflichtet, diese zu befriedigen. Wir seien es ihnen schuldig. Sie hätten ein Recht darauf. Auf uns.“

Ich glaube nicht, dass irgendein vernünftiger, emotional ausgeglichener Mensch laut sagen würde, dass sexuelle Gewalt eine prima Sache sei, die in unseren modernen Gesellschaften noch einen Platz haben sollte (dieser Glaube ist zugegebenermaßen schon oft erschüttert worden, wenn mir Freund*innen von ihren Erlebnissen berichtet haben oder auch durch dieses Buch von Solnit; im Moment halte ich noch an diesem Glauben, an dieser Hoffnung fest, zumindest, was unsere Generation betrifft.).

Dass sexuelle Gewalt schon bei einfachsten Übergriffen, physischer und psychischer Natur, beginnt, ist leider ein Aspekt, der noch nicht bei allen Leuten, die diese Aussage treffen würden, angekommen ist. Und selbst wenn doch: es ist leider immer noch gang und gäbe, dass zu wenig getan wird, um den Mechanismen und Rollenbildern, die dieses Verhalten bestärken, entgegenzuwirken. Wenn wir eine Gesellschaft ohne diese Form der Gewalt, der Unterdrückung haben wollen, müssen wir dieser Gewalt jeden Zentimeter Boden nehmen, den wir ihr nehmen können! Denn, wie Solnit scheibt, es ist klar,

„dass Gewalt in erster Linie autoritär ist. Ihre Ausgangsprämisse lautet: Ich habe das Recht, über dich zu bestimmen. […] Jeder sexuelle Übergriff ist ein Akt der Gewalt – die Weigerung, jemanden als Menschen zu behandeln, die Verletzung eines der grundlegendsten Menschenrechte, nämlich des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.“

Auch mit dem Themenkomplex Männlichkeit/sexuelle Gewalt ist die Bandbreite dieser Essaysammlung noch nicht ausgereizt. Es gibt z.B. noch Kapitel über das Kassandra-Syndrom (das systematische Untergraben weiblicher Glaubwürdigkeit) und auch einen sehr gelungenen Text über das Denken und Schreiben von Virginia Woolf. Darin zitiert sie unter anderem aus Woolfs Essay „Die Berufe der Frauen“, in welchem Woolf sinnbildlich den „Engel im Haus“ (und mit ihm die Vorstellung, die jahrhundertelange mit der Rolle der Frau verbunden war) umbringt und schreibt:

„Mit anderen Worten, nun, da sie sich von der Verlogenheit befreit hatte, brauchte sie nur noch sie selbst zu sein. Ah, aber was ist »sie selbst«? Ich meine, was ist eine Frau? Ich versichere ihnen, ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass Sie es wissen.“

Die meisten Männer begreifen glaube ich immer noch nicht, dass ihre Geschlechtsgenossen diese Frage nach der weiblichen Identität, dem weiblichen Selbst und dessen Entfaltung, über Jahrhunderte, bis nah an unsere Gegenwart heran, bestimmt, unterdrückt, übervorteilt, verdrängt, enggezogen, kleingeredet etc. haben. Geradezu systematisch.

Man kann die Augen davor wirklich nicht mehr verschließen, unsere eigenen (vor allem männlich geprägten) Geschichtsbücher erzählen davon, wie auch unsere literarischen Kanons, in jeder Faser. In „a room of one’s own“ schreibt Virginia Woolf über all die Professoren, die ich im viktorianischen England zum Wesen der Frau geäußert haben, in zig Publikationen – eine Obsession, die furchtbare Stilblüten und noch furchtbarere Vorstellungen und Klischees des Weiblichen zur Folge hatten. Es sind Werke, die Frauen nahezu alles absprachen (und teilweise immer noch absprechen, es gibt diese Bücher ja immer noch): Integrität, Verstand, Talent, Eignung, Objektivität, Vorstellungskraft und, ja, sogar schlicht Bewusstsein in Bezug auf das eigene Wesen.

„Ich habe eine Freundin, deren Familienstammbaum über tausend Jahre zurückreicht, doch er umfasst keine Frauen. Sie musste feststellen, dass sie, im Gegensatz zu ihren Brüdern, nicht existiert. Auch ihre Mutter existiert nicht, genauso wenig wie die Mutter ihres Vaters. Oder auch der Vater ihrer Mutter.“

Rebecca Solnit erzählt in diesen Essays, geschrieben im Zeitraum zwischen 2008 und 2014, alles in allem nicht viel Neues – aber nicht davon ist alt, weil nichts davon vorbei ist, nichts davon erledigt. Und allein die schiere Ansammlung an Problematiken rund um die Themen Patriachat und Geschlechterrollen, systematische Unterdrückung und Benachteiligung, etc. ist schon bemerkenswert. Keiner der Texte ist ein großer theoretischer Wurf, aber sie sind alle ungeheuer bewusstseinsbildend – und genau das braucht es meiner Ansicht nach: dass ein Bewusstsein in die Gesellschaft getragen wird, geschmissen meinetwegen. Ein Bewusstsein bzgl. der Dimensionen, der Ausmaße, der Mechanismen, der schieren Tatsachen. Ein Bewusstsein dahingehend, dass wir es hier mit einem grundsätzlichen und richtungsweisenden Problem zu tun haben, genauso wichtige wie jene, die den Postkolonialismus oder dem Klimawandel betreffen.

Also, bitte, auch wenn es zunächst so klingt, als könnte man dieses Buch auch subsummieren und müsste es nicht lesen: lest es! Leiht es euch aus. Redet mit jemandem, der es gelesen hat. Lest zumindest einen der anderen Essays. Kritisiert sie, überholt sie! Führt die Diskussionen, die sich aus diesen Texten ergeben. Es wäre so, so, so wichtig.

„Wie soll ich diese Geschichte erzählen, die wir schon allzu gut kennen? Ihr Name war Afrika. Sein Name war Frankreich. Er kolonisierte sie, beutete sie aus, brachte sie zum Schweigen, und noch Jahrzehnte nachdem das angeblich vorbei war, griff er willkürlich in ihre Angelegenheiten ein, an Orten wie der Elfenbeinküste, die ihren Namen nicht ihrer Identität, sondern ihren Exportgütern zu verdanken hat.
Ihr Name war Asien. Seiner war Europa. Ihr Name war Schweigen. Seiner war Macht. Ihr Name war Armut. Seiner war Reichtum. Ihr Name war SIE, aber was gehörte ihr? Sein Name war ER, und er ging davon aus, dass alles ihm gehörte und er sie nehmen konnte, ohne zu fragen und ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.“