Ich freue mich außerordentlich, dass sie für die Hagey Lectures dieses Jahr eine Quotenfrau eingeladen haben. Sie hätten sich zwar eine seriösere als mich suchen können, aber der Vorrat ist natürlich begrenzt, das ist mir bewusst.
Margaret Atwoods Roman-, Prosa- und Lyrikwerk hat sich mit seiner Eigenständigkeit und seiner Verknüpfung von ästhetischem und thematischem Wagnis einen Ehrenplatz in den Buchregalen des 20ten und 21ten Jahrhunderts verdient. Als Essayistin ist sie eines der besten Beispiele für die seltene Verbindung aus scharfem Witz, feiner Empathie und bestechender Leidenschaft; und außerdem hat sich mich im Verlauf dieses Buches, das die Jahre von 1970-2005 abgedeckt, immer wieder überrascht.
Da hält sie zum Beispiel mit einer Mischung aus augenzwinkernder Ironie und gelungener Kontroverse einen Vortrag über die männliche Romanfigur (aus diesem Vortrag stammen das Ein- und das Ausgangszitat), schreibt dann eine sehr begeisterte Rezension zu John Updikes “Die Hexen von Eastwick”, springt hinüber zur Grunge-Musik, schreibt dann wiederum eine bestechende Studie zu der Schwierigkeit, über böse Frauen zu schreiben, bevor eine kurze, liebevolle Erinnerung an die großartige Autorin Angela Carter folgt.
Manches in dem Buch hat den Touch einer Gelegenheitsarbeit – aber selbst das stört nicht, denn Atwoods unangestrengter Esprit lässt das Elaborierte und das Umrissene in genau demselben, eloquenten Licht erscheinen. Neugier, Hinwendung, Kampfgeist und Leidenschaft tragen jeden Vortrag, jedes Essaystück mit einer Leichtigkeit im Gemüt voran, die die Lesenden sofort für sich einnimmt.
Ein wunderbares Buch, voller Ideen, voller Energie, das flink ist, aber auch kein noch so schwieriges Thema scheut; ganz im Gegenteil: nur zu gern legt Atwood den Finger auf das Problematische, das Ausgeklammerte – und verhilft ihm mit unerschütterlicher Klarheit zu Raum und Sprache.
»Wieso fühlen sich Männer von Frauen bedroht«, habe ich unlängst einen Freund von mir gefragt […] »Ich meine, Männer sind doch größer«, sagte ich, »meistens jedenfalls, können schneller laufen, besser würgen, und im Schnitt haben sie auch viel mehr Macht und mehr Geld.« »Sie haben Angst, dass die Frauen sie auslachen«, sagte er. »Ihre Weltsicht belächeln.« Und dann fragte ich in einem improvisierten Lyrikseminar ein paar Studentinnen: »Wieso fühlen sich Frauen von Männern bedroht?« »Sie haben Angst, dass sie umgebracht werden«, hieß es lapidar.