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Der Schrecken des spirituellen Monopolismus


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Falls wir weise sind, so werden wir von den heidnischen Büchern das nehmen, was uns geziemt und was wahr ist, und den Rest werden wir geflissentlich übergehen.
Basilius von Caesarea

Obwohl es bereits zu vielen Menschen vorgedrungen ist, dass die Geschichte des Christentums nicht ganz so glorreich ist, wie sie manchmal dargestellt wird, lässt sich anscheinend immer noch Neues zutage fördern. Dabei liegt ja bereits eine 10bändige(!) Kriminalgeschichte des Christentums vor, die Karlheinz Deschner über Jahrzehnte zusammenstellte und in deren ersten zwei Bänden ein ähnlicher Zeitraum wie hier bei Catherine Nixey behandelt wird. Eins hat die britische Autorin ihrem deutschen Pendant Deschner dabei voraus: Sie schreibt in einem anschaulicheren, aber auch leicht reißerischen Stil.

Dieser Stil, der ihr Werk zu einer spannenden Schmöckererfahrung macht, ist leider auch ihre große Schwäche. Denn er hat etwas Heischendes, zielt auf eine Empörung ab, die nicht wirklich zur Absicht einer historischen Darstellung passt. Dabei hat Nixey akribische Quellenarbeit betrieben und könnte demnach ganz neutral und souverän auftreten; man merkt aber an vielen Stellen, dass sie von ihrer eigenen negativen Beurteilung der frühen Christen so eingenommen ist, dass zumindest der Verdacht aufkommen muss, dass ihrer Darstellung durch diesen Tunnelblick hier und da ein bisschen leidet, nicht unbedingt was die korrekte Darstellung der von ihr beschriebenen Ereignisse angeht, aber in Bezug auf die Einbettung dieser Ereignisse in größere Zusammenhänge.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tendenz zum Liebäugeln mit einem Vergleich, der ebenfalls die neutrale, ungefärbte Darstellung untergräbt, nämlich die der frühen Christen mit islamistischen Fanatikern. Zwar sind beide Parteien wohl für die Zerstörung von allerlei kulturellen Stätten und Gütern verantwortlich, aber sie deshalb in denselben Topf zu werfen oder hier ein Muster ausfindig machen zu wollen, erscheint zumindest mir etwas zu einfach.

Das Christentum konnte deswegen so groß werden, weil es schon in einem frühen Stadium konkurrierende Religionen ausbootete, entweder indem es Aspekte der Religion übernahm oder in dem es die Angehörigen dieser Religion zu Heiden/Ketzern/Ungläubigen erklärte/erklären ließ. Die Geschichte des frühen Christentums ist die Geschichte eines Machtkampfes, dessen Ziel monopolistische Herrschaft ist (oder anders formuliert: mit dem Ziel, das Monopol auf die Befriedigung der spirituellen Bedürfnisse des Menschen zu erhalten).

Nixey ist eine spannende Darstellung dieses Machtkampfes gelungen, der viele Leser*innen fesseln wird. Dennoch fehlt es hier und da an Objektivität, an Maß. Das untergräbt Nixeys Darstellung nicht grundsätzlich, hinterlässt aber einen schlechten Nachgeschmack, der meines Erachtens nicht notwendig gewesen wäre.