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Zu “Die Toten Hosen” von Thees Uhlmann


Thees Uhlmann Tote Hosen Thees Uhlmann, Sänger und Solokünstler und spätestens seit 2015 auch erfolgreicher Buchautor, ist seit vielen Jahren mit den Toten Hosen befreundet. Wie sich dieses Freundschaft gestaltete und was für Geschichten daraus hervorgegangen sind, das erzählt er in diesem ersten Band der KiWi-Musikbibliothek (aus dieser Reihe auch zu empfehlen: Tino Hanekamp über Nick Cave).

Und es ist tatsächlich gar nicht soo vermessen, wenn Breiti (Gitarrist der Toten Hosen – 2ter Gitarrist, um genau zu bleiben), auf dem Klappendeckel meint, dass Uhlmanns Beschreibung seines ersten Hosen-Konzertes (das Einstiegs-Kapitel) für die Musik das ist, was Nick Hornbys Feverpitch für den Fußball war. Klar, Uhlmanns Buch ist etwas zu kurz, um mit Hornbys Werk mithalten zu können, enthält aber eine sehr verwandte Geschichte, die Geschichte einer Leidenschaft in vielen Nuancen, Aufs und Abs.

Was am meisten gefällt: wie Uhlmann ohne falsche Scheu dahinplaudert, sympathisch vom Leder zieht und inbrünstig und liebevoll auch die kleinsten Aspekte hypt. Manchmal galoppieren ihm Sprache und Bilder etwas davon, Übergänge werden etwas zu assoziativ hergestellt, aber das wirkt meist eher stilecht, mehr wie ein Feature als wie ein Fehler.

In dem Buch geht es nicht nur die Toten Hosen, sie sind vielmehr der rote Faden, der alles zusammenhält. U.a. geht es um die Dorfjugend, den FC Liverpool, Musiker*innenkarrieren, Band Aid 30, St. Pauli, die Große Freiheit, geniale Gitarrenintros, Szenetypen und -kneipen, etc., etc. Launig stolpert Uhlmann von einer Anekdote und einer Ansage in die nächste, cool und gleichsam ein bisschen verpeilt. Das macht Spaß zu lesen, spätestens wenn er alle Songs vom Live-Album „Bis zum bitteren Ende“ einzeln in Geschichten zelebriert.

Ein paar mehr moll-Töne hätten dem Buch vielleicht nicht geschadet, so ist es eine fast schon überwältigende Hymne, ein Anthem.

Zu David Foster Wallace gesammelten Essays in “Der Spaß an der Sache”


Der Spaß an der Sache zu Wallace 10tem Todestag besprochen bei Fixpoetry

Foster Wallace goes Pornomesse und -awards


der-grose-rote-sohn  Es versprach ein unterhaltsamer Ausflug mit David Foster Wallace zu werden, sogar ein bisschen ausgedehnter als in „This is Water“ und „Am Beispiel des Hummers“, den anderen schmalen Büchern, die in den letzten beiden Jahren – statt das man die mal gemeinsam … – in Einzelbänden herausgekommen sind und alle beide in ihrer Kürze großartig waren.

Foster Wallace meets Porno-Messe. Das klang eigentlich zu gut um wahr zu sein. Und auch wenn ich wieder angetan bin von den wunderbaren Stilschnörkeln, dem Gespür für die richtigen Ausführungen, Pointen und Kommentare – ich hab mich anfangs schwer getan mit den Fußnoten klarzukommen und nicht durch sie den Faden im Haupttext zu verlieren.

Damit das nicht falsch verstanden wird: ich weiß wie wesentlich die Fußnoten für den Text sind und das eine gewisse Dynamik mit ihnen steht und fällt. Trotzdem: sie nerven manchmal, nicht nur im Schriftbild, sondern generell in ihrer Umständlichkeit. Vielleicht wäre es cleverer gewesen, Fußnoten immer auf der rechten Seite und den Haupttext immer auf der linken Seite abzudrucken und vier oder fünf hätte der Autor auch weglassen können (vielleicht hätte er bei einer neuen Publikation in Buchform eh so entschieden).

Davon abgesehen holt Foster Wallace aus dem Besuch der AVN(Adult Video News)-Awards-Verleihung und der dazugehörigen Messe alles raus, was man aus so einem Spektakel nur rausholen kann und er hat sich anscheinend einiges an Hintergrundwissen angelesen (oder es zumindest noch mal nachrecherchiert). Natürlich schminkt er das ganze Spektakel, seine Besucher und Ausrichter, auch gehörig ab und gibt, wie es sich für Foster Wallace gehört, seine Ansichten zu den dahinter schlummernden Problematiken preis.

Alles in allem immer noch ein cooles Buch und für Freunde des Nachgooglens zu empfehlen, denn hier werden einem die Namen von Pornofilmen, -starlets und -begriffen nur so um die Ohren gehauen, gewürzt mit Anekdoten, was zusammengenommen das Pornobusiness wie einen einzigen, irren Gaudi- und Reißzahnpalast ohne Sicherheitsleine anmuten lässt. Eine Löwengrube, in der alle Kichern, Kreischen und Stöhnen.