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“Göttertage” von Gabriele Glang


Göttertage “Sie ist die erste Frau in der Kunstgeschichte, die sich nackt malt. Ein ungeheurer Schritt. Bis dato gab es nur den Blick von Männern auf den nackten Frauenkörper.”

Paula Modersohn-Becker verstarb bereits mit 31 Jahren. Doch in den wenigen Jahren, in denen sie als Künstlerin tätig war, schuf sie über 700 Gemälde und noch viel mehr Zeichnungen, Skizzen. Viele der Gemälde waren Selbstportraits, einige eben auch Akte.

Gabriele Glang portraitiert diese mit einer Reihe von kurzen Gedichten, die das Innenleben der Künstlerin während der Zeit ihres letzten halben Jahrs, ihrer Zeit in Paris, abbilden, nachvollziehen, umkreisen.

“Seht: in der Freiheit
wird etwas aus mir.”

Ein wichtiges Motiv in den Gedichten ist die Befreiung, die Freiheit – ein anderes allerdings die Rechtfertigung, die Erklärung. Zwischen diesen beiden Polen ist Modersohn-Becker als eine der ersten Frauen, die als eigenständige Künstlerin arbeitete, unausweichlich hin und her geworfen. Sie will ihr Tun mit der Selbstverständlichkeit annehmen, mit der sie es betreibt, aber sie kann nicht umhin, die Besonderheit ihrer Lage zu erkennen. Sie erlebt den Rausch der Inspiration und will sich durch nichts bremsen lassen …

„Göttertage“ ist kein großer lyrischer Wurf, da sich die meisten Gedichte eher wie Dokumente ausnehmen, aber ein ungeheuer einfühlsames Portrait einer Frau, einer künstlerischen Kraft und Obsession und zusätzlich auch einer Frauengeneration.

Wie Glang Modersohn-Becker Leben einhaucht, ganz ohne großes Tam-Tam, aber bestimmt, ist beeindruckend. Die Wahrnehmung der Frau als dem Mann gleichgestellte Akteurin auf allen Gebieten der Kunst und Wissenschaft ist noch nicht abgeschlossen – sie begann mit Gestalten wie Paula Modersohn-Becker, die einst freudig aufbrach in ihr neues, leider kurzes Leben und der Glang in einem ihrer Texte den Gedanken eingibt, den jeder junge Mensch, gleich welchen Geschlechts, beim Eintritt in sein selbst bestimmtes Leben haben sollte:

“Nun muss ja alles kommen.”