Tag Archives: Komisch

Ein Pappmachevogel, Sado-Maso und ein paar Jungs, die für ihre Trophäen morden – Richard Brautigans “Willard und seine Bowlingtrophäen”


Willard und seine Bowlingtrophäen „Sie lagen eng aneinandergeschmiegt im Bett, und sie waren sehr traurig. Sie waren immer traurig, wenn sie miteinander geschlafen hatten, aber sie waren ja jetzt die meiste Zeit traurig, so dass es eigentlich soviel auch wieder nicht ausmachte, außer dass sie jetzt warum und unbekleidet beieinanderlagen und dass die Leidenschaft auf ihre eigentümliche Art ihre Körper gestreift hatte wie ein Schwarm seltsamer Vögel oder wie der Flug eines einzigen dunklen Vogels.“

Während die zwei traurigen Liebenden auf dem Bett liegen (gleich daneben die Green Anthology mit den Fragmenten von zweitausend Jahre alten Gedichten), hockt ein Stockwerk tiefer Willard, der große Pappmachevogel, zusammen mit seinen Bowlingtrophäen, während im Zimmer nebenan seine Besitzer, John und Pat, sich noch die Johnny Carson-Show ansehen und Sandwiches futtern. Das eine Paar hat einen unbefriedigenden Geschlechtsakt hinter sich, mit Sado-Maso, Kondomekel und Entfremdung gespickt, das andere einen befriedigenden, geradezu idyllischen. Eine traurig bis heitere Wohnhaus-Melancholie mit american Flair, mit Feinschliff dargestellt – oder?

Leider gehören Willard die Bowlingtrophäen nicht (auch wenn sie nun zusammengehören, Pokale und Vogel), sie gehören den Logan-Brüdern, die seit mehreren Jahren auf der Suche nach ihnen sind und durch die Staaten touren. Einstmals nette Jungs, deren ganzer Stolz ihre Trophäen waren, drehen sie krumme Dinger und überfallen Tankstellen, immer nur auf der Suche nach den Dieben, die ihnen eines Abends ihre ganzen Trophäen geklaut haben. Gerade warten sie in einem Hotel auf einen mysteriösen Anruf, der ihnen endlich verraten soll, WO IHRE VERDAMMTEN TROPHÄEN SIND.

Schon irritiert? Die Lektüre von „Willard und seine Bowlingtrophäen“ wird diese Irritation nicht auflösen, sondern eher noch sanft-süffisant verstärken. Denn Richard Brautigans 1975 erstmals veröffentlichter „perverser Kriminalroman“ ist kein Krimi und auch kein Roman, sondern ein komisch-krudes Kabinettstück. Während wir einiges über Warzen am Geschlechtsteil hören, erleben wir den traurigen Verlauf, den die Liebe manchmal nimmt und sehen gleichzeitig ein Stockwerk tiefer ein zufriedenes Liebesglück. Und dazwischen braut sich langsam die Geschichte über den schleichenden Wahnsinn, die Gewalt, die aus der Verhinderung der höchsten wie einfachsten Lebenswünsche entspringt zusammen.

Brautigans kurze, aber nicht beiläufige Farce ist skurril, absurd, albern fast. Aber sie hat trotzdem wie immer einen Haufen doppelter Böden, die oft in Nischen und innerhalb der banalsten Momente angebracht sind und sich nur kurz auftun, während die Handlung fast schon behäbig und gleichwohl beschwingt dahinfließt. Seine Bücher kreisen immer wieder um Motive, denen eine absurde, kaum angemessene, aber doch sehr lebensnahe, vertraute Tragik innewohnt – und diese Tragik rettet seine obskure, lang hingezogene Dramatisierung vor dem Abgrund der Mühsamkeit.

Es ist nicht Brautigans bestes Buch, aber es ist eine kurze und lesenswerte Comedy-Melancholie, ohne Gewieftheit, schlicht und mitunter in ihrer Sanftheit und Unausweichlichkeit poetisch.

Zu “Empirisch belegte Brötchen” von Marco Tschirpke


Empirisch belegte Brötchen „Auf einer Bogenlampe,
Vertieft in ihr Gefieder,
saß gurrend eine Taube
Und schiss auf dich hernieder.“

Am Anfang war ich schlicht unterwältigt. Ein paar Schenkelklopfer, ein paar Schmunzeleien. Aber Marco Tschirpke vermochte nicht, mich wirklich in Erstaunen zu versetzen, mit seinen Geschichten und gereimten Pointen. Das wirkte doch alles sehr brav, sehr glatt und wenig hintersinnig. Nett, aber nicht spaßig.

Wäre es dabei geblieben, hätte ich sagen können: gut, ist halt nicht mein Humor, funktioniert vielleicht auf der Bühne irgendwie besser und man sollte ja auch bedenken: dem Kleinkünstler Tschirpke dürfte der Erfolg seines letzten Buches im Nacken gesessen haben (und der Verlag war sicher auch an einer schnell folgenden Publikation interessiert). Und immerhin: einige Einzeiler und Kürzestgeschichten schloss ich dann doch ins Herz. Wie etwa eine kurze Geschichte der 68er Bewegung, die noch auf eine angenehme Weise respektlos und hämisch daherkommt.

„Sie wollten die Vereinigung aller Proletarier. Sie erreichten die Mülltrennung.“

Bereits zu Anfang ging mir allerdings Tschirpkes immer wieder eingestreute, geradezu aufgesetzte Selbstironie auf den Senkel. Die sollte zwar erste Wahl des Kabarettisten und Spaßmachers sein, sonst kann man ihn irgendwann nicht mehr ernst nehmen, aber bei Tschirpke wirkt sie manchmal dermaßen aufgesetzt und fadenscheinig, dass man nur die Augenbraue hebt und nicht die Mundwinkel.

Groteske Züge nimmt dieses Thema in einem, im Buch abgedruckten, Briefwechsel an, bei der die Direktorin des August Macke Hauses Bonn ein in der ZEIT veröffentlichtes Gedicht von Tschirpke wegen des laschen und fahrlässigen Umgangs mit historischen Fakten, betreffend die Person August Mackes, kritisiert (völlig zurecht, meiner Meinung nach).

Es ist schon sehr frech, wie Tschirpke darauf reagiert und z.B. als einzige Quelle Wikipedia nennt. Bei einem schon ziemlich diffamierenden Gedicht ist so ein laxes Vorgehen einfach nur daneben. Aber dass er diesen Briefwechsel hier abdrucken lässt, als wäre er eine Geste der Selbstironie oder als hätte das Ganze Unterhaltungscharakter, das schmeckt schon sehr nach übereifriger Selbstinszenierung. Nach schlechter, heuchlerischer.

„Heute an einem Spiegel vorbeigelaufen und festgestellt, dass ich überhaupt nicht meinem Schönheitsideal entspreche.“

Es ist leicht zu verurteilen und gerade über Humor lässt sich streiten: Was ist Anecken, was Beleidigen? Was ist Satire, was Schmiererei? Was ist unbequeme Parodie mit Entlarvungscharakter und was ist plakative Tumbheit? Das sieht sicher jeder anders. Und eigentlich darf die Komik ja vieles, fast alles – sie ist das anarchische Ventil einer Gesellschaft.

Was mich bei Tschirpke aber aufregt, ist, dass seine (nicht unbedingt zahlreichen, aber dennoch vorhandenen) Geschmacklosigkeiten eben nicht anecken oder entlarven, sondern es sich schlicht und einfach: einfach machen. Und oft sind sie darüber hinaus unnötig. Wie zum Beispiel das Gedicht „Im Eifer des Geschlechts“:

„Goethe hatte Mitarbeiter:
Männer gut und ganz bei Sinnen.

Brecht, als Liebhaber gescheiter,
Hatte Mitarbeiterinnen.“

Das ist, pardon, einfach nur chauvinistisch. Ein Schnellschuss mit einem ungelenken Reim, der wirklich wehtut. Schenkelklopfer finde ich okay, sogar Groschenhumor mag noch angehen und so mancher Witz über Männer und Frauen gehört nun mal dazu (ich mag sie nicht, aber ich will auch nicht von der Moral zum Moralisieren übergehen, wenn es um ein Späßchen geht). Aber so ein Gedicht, das ist schlicht sexistisch und unnötig.

Genauso daneben und billig, auch nach dem Motto „leicht gemacht“, dieses Gedicht:

„Heute fielen von den Bäumen
Lolitas ohne Zahl.
Jetzt lümmeln sie im Rasen
Und stecken ihre Nasen
In Bücher ihrer Wahl.

Die eine liest Nabokov,
Die andere Christoph Hein,
Die dritte Grass-Gedichte.
Ach, guck ma, jetzt erbricht se
Sich in das Buch hinein.“

Es ist fraglich, ob Herr Tschirpke viele Grass-Gedichte gelesen hat. Es gibt da sicher einige problematische, aber auch einige sehr schöne. Pauschalurteile sind hier in jedem Fall fehl am Platze.
An dieser Stelle muss ich mir natürlich an die eigene Nase fassen: Warum reite ich auf diesen wenigen Beispielen so herum, wo doch ein ganzes Buch mit teilweise ganz netten Texten vor mir liegt?

Ganz klar: meine vernichtend anmutende Kritik an diesem Buch ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich habe meinen Fokus auf das Problematische gelegt und bin diesem Ansatz gefolgt. Es wird ohnehin genug (berechtigte) Lobeshymnen geben.

Humor hat meiner Meinung nach, gerade weil er eigentlich alles darf und weil Witze eben nicht nur mit Unerwartetem, sondern auch mit Bekanntem, mit Vorurteilen etc. arbeiten, eine moralische Verantwortung. Nicht in dem Sinne, dass er nicht anecken darf. Er darf sogar politisch unkorrekt sein, wenn er diese Position reflektiert, wenn er um den doppelten Boden weiß – man lacht manchmal, weil ein Reflex bedient wird und manchmal, weil man Zusammenhänge erkennt. Diesen doppelten Boden vermisse ich bei Tschirpke. Seine Texte wirken zumeist eindimensional.

Es gibt einiges in diesem Buch, das dennoch gelungen ist, keine Frage; einer meiner Lieblingstexte ist zum Beispiel ein kurzer Essay über Techno; dessen süffisant-kritische Einstellung fand ich sehr erfrischend. Und auch die einfache Häme kann, wenn man ihrer Meinung ist, ja durchaus anziehend sein, wie ich bei diesem Gedicht feststellen musste:

„Ihr, die ihr Revolverblätter
Herstellt: Lob will ich euch singen
Wollte ihr vom Springer-Hochhaus
Endlich auch mal runterspringen.“

Ich habe das Meinige gesagt; es ist nicht das Alleinige, was es hier zu sagen gäbe. Ich hoffe, diese Kritik wird als das wahrgenommen, was sie ist: eine Kritik und nicht der Wunsch, sich auf dem Rücken eines Werkes moralisch zu profilieren.

Zu Marc-Uwe Kling und seinem Roman “Qualityland”


Stanislaw Lem wird der Satz zugeschrieben: “Ein Zukunftsroman hat entweder absolut nichts mit den bestehenden Verhältnissen zu tun oder er kritisiert sie.” Wilhelm Busch, der unverbesserliche Spaßmacher, schrieb einmal: “Was man ernst meint, sagt man am besten im Scherz.” Diese beiden Sätze fielen mir immer wieder ein, während ich “Qualityland” las. Erster aus simplen, zweiter aus komplexeren Gründen, die weiter unten noch einmal aufgegriffen werden.

Ich habe, nach der erheiternden und teilweise inspirierenden Lektüre von Marc-Uwe Klings neustem Wurf, noch lange über diesen Roman nachgedacht. Irgendwie war ich trotz aller Freude, die ich beim Lesen empfunden hatte (hervorgerufen durch Gags, geniale Einfälle, wunderbare Spitzen und die hier und da eingestreuten Zitate und Verweise auf Popkultur, Geschichte und Wissenschaft, oft mit skurrilem Einschlag), nicht ganz sicher, wie ich das Buch verorten sollte. Sprachlich eher einfach und straight (wenn auch immer wieder mit gekonnten Stilwechseln und einer generellen Sicherheit im Ton, in der Darstellung), die Figurenzeichnung wunderbar komisch, aber nicht gerade tiefgründig und vielschichtig. Es wäre wohl auch unsinnig, solche Maßstäbe an ein Buch anzulegen, das seinen Fokus auf Themen und nicht auf Figuren legt.

Peter muss sich nicht die Mühe machen, relevante Informationen zu finden. Die relevanten Informationen machen sich die Mühe, Peter zu finden.

“Qualityland” ist eine Zukunftsvision, doch ich zögere, es einen Sci-Fi Roman zu nennen, weil die darin beschrieben technischen Errungenschaften mit algorhytmischen Tendenzen im Prinzip nur die ausgewachsenen, (noch) totalsierteren Versionen der Einrichtungen und Systeme von heute darstellen. Natürlich hat Marc-Uwe Kling auch einige schöne Erfindungen erdacht – aber im Prinzip basiert die von ihm erschaffene Welt auf dem Weiterdenken und Zuspitzen derzeitiger Erscheinungen und Entwicklungen; knapp an der Übertreibung vorbei, aber eigentlich sehr realistisch, geradezu gegenwärtig, zeitgeistig; deswegen mein Zögern, „Qualityland“ einen Sci-Fi-Roman zu nennen. Aber auch Bezeichnungen wie „beissende Satire“ würden zu kurz greifen.

Wie einst George Orwell oder Aldous Huxley, gibt Kling seiner Welt zunächst den Anstrich einer utopischen Ausrichtung (wenn das Buch auch in zwei Versionen erhältlich ist, von denen eine mit utopischen Intermezzos, die andere mit dystopisch-zynisch-satirischen Intermezzos versehen ist; am Ende des Buches befinden sich ein QR-Code und ein Link, mit dem man sich die Inhalte des jeweils anderen Buches ansehen kann, sodass ein doppelter Kauf nicht nötig ist). In dieser Utopie ist personalisierte Digitalisierung in ihre Vervollkommnung eingetreten: jede/r findet den/die richtige/n Partner*in, die richtigen Freund*innen, bekommt die richtigen Gebrauchsgegenstände geliefert, ihm/ihr wird die passende Werbung angezeigt und es gibt eigentlich nichts, was der Mensch noch selbst machen muss, außer sich seiner Prägung entsprechend zu verhalten oder hier und da eine Aufstiegschance zu nutzen oder den potentiellen Abstieg zu verhindern, der ihn zur Nutzlosigkeit verdammen würde.

Für diese durch-personalisierte Welt, die trotzdem von monopolistischen und totalitären Firmen und Dienstleistern quasi kontrolliert wird und in der es endgültig zu einer klar hervortretenden Klassengesellschaft gekommen ist, hat der Autor viele schöne Beispiele arrangiert, angefangen bei den Nachnahmen der Menschen, die den Berufen ihrer Eltern entsprechen, über einen Date-/Liebesdienst, der die Profile seiner Kund*innen einfach zusammenbringt & die angesprochenen Intermezzi, die meist aus absurd anmutenden Produktwerbungen und Nachrichtenmeldungen bestehen, bis hin zu vielen personalisierten Produkten:

In der Schule, sagt Peter, hatte ich mal eine Freundin, in deren Version von Game of Thrones keine einzige Figur gestorben ist. Die haben immer nur eine Sinnkrise bekommen und sind ausgewandert, oder so.

Diese ganze Charade wirkt immer wieder aberwitzig, ist aber bei genauer Betrachtung selten weit von der Wirklichkeit entfernt, sodass es einen schon ein bisschen gruseln könnte, würde man es nicht gerade so witzig finden, was dem Protagonisten von seiner Umwelt alles zugemutet wird. Allerdings sollte man sich dann auch mal fragen, was einem selbst so alles zugemutet wird – und noch zugemutet werden könnte. Denn Peter Arbeitsloser ist eben nicht nur die Fortsetzung des Kleinkünstlers mit anderen Mitteln – er ist auch der Nachfahre einer Gesellschaft, die sich vom System übervorteilen ließ.

“Ich hab es einfach satt, dass immer keiner verantwortlich ist. Immer ist das System schuld. Aber es gibt eben doch auch Leute, die dafür verantwortlich sind, dass das System ist, wie es ist!”

Die Herren der Welt, wie Noam Chomsky sie nannte. Bei Marc-Uwe Kling treten sie als Witzfiguren auf, als selbstzufriedene und blöde Fatzkes (wie schon im Känguru, an der Stelle hat sich nix verändert), die entweder nicht den Intellekt haben, die Situation zu durchschauen oder nicht die moralische Integrität, sie zu ändern (manchmal erstaunlicherweise auch beides). Dass es vor allem der Stumpfsinn ist, der in den Köpfen dieser Herr*innen der Welt regiert, der blinde und unreflektierte Systemglaube, ist gleichsam entlarvend, aber hier und da wirkt dieses brachial-plumpe Pochen auf dieser Dummheit auch etwas vereinfacht. Natürlich: wer sich umsieht, wird merken, dass wir in einer teilweise ziemlich pervertierten Welt leben und viele Schriftsteller*innen haben den Fehler gemacht, ihren Charakteren nicht das übliche Maß an Dummheit zuzumuten, das nun mal durchaus in der Welt draußen floriert. Trotzdem: manches, was haarsträubend genug ist, wird so allzu sehr zur Karikatur, hinter der die beunruhigenden Facetten der Machtpositionen nicht mehr ganz hervorlugen.

Wirklich beeindruckend an „Qualityland“ ist, wie Kling darin immer wieder Dialoge entspinnt, in denen ganz klar die Problematik und nicht nur die Komik des derzeitigen Systems und seiner Entwicklung hervorgehoben wird. Und nicht nur das: es werden konkrete philosophische und soziologische Dilemmata aufgeworfen und diskutiert, mit einer Leichtigkeit und Unwillkürlichkeit, die etwas leicht Gestelltes, aber auch etwas Geniales, Treffliches haben – vor allem wenn das Gespräch zwischen einem selbstfahrenden Auto und Peter Arbeitsloser stattfindet:

“Weißt du, was der entscheidende Unterschied zwischen euch und uns ist?”
“Was denn?”
“Wenn ein selbstfahrendes Auto einen Fehler macht, lernen alle anderen Autos durch diesen Fehler und machen ihn nicht wieder. Unterschiedliche Menschen machen immer wieder den gleichen Fehler. Ihr lernt nicht voneinander.”
“Ich verrate dir mal was”, sagt Peter. “Oft macht sogar derselbe Mensch den gleichen Fehler noch mal.”

Diese Zusammenführung von komischer und kritischer Perspektive, von Witz und Nachdenklichkeit, von Lachen und Entsetzen manchmal, ist der bewundernswerteste Zug dieses Buches. Und ebenso erstaunlich ist, dass ich mir immer wieder gewünscht habe, dass es an der einen Stelle mehr ins Kritische, an der anderen mehr ins Komische, Anspielungsreiche geht und am Ende doch sagen muss: die Mischung macht’s. Nicht nur im Hinblick auf die Unterhaltung, sondern auch im Hinblick auf das Kritische. Vielleicht hatte Wilhelm Busch Recht.

Wer in letzter Zeit wie ich Bücher wie „Was auf dem Spiel steht“ von Philipp Blom oder Noam Chomskys „Requiem auf den amerikanischen Traum“ gelesen hat, wird zweifellos ähnlich zweischneidig auf dieses Buch blicken, wo andere die entlarvende Komik einfach als eigenständige Erscheinung feiern werden – was ja auch wunderbar und vollkommen okay ist. Ich selbst komme, wie schon angedeutet, nicht umhin, eher die inspirierenden, kritischen Ansätze zu bemerken und mich zu fragen: wie ernst werden die Leute nehmen, was Kling hier präsentiert? Werden sie in der Komik das Entlarvende sehen oder doch eher das Überzeichnete? Werden sie in Passagen wie der folgenden (in denen der hyperintelligente Androide und Präsidentschaftskandidat John gerade von einer Wahlkampfveranstaltung fliehen musste) die Pointe genießen oder erkennen, dass sie die darin formulierte Problematik direkt und unausweichlich betrifft?

“Ich muss zugeben, es ist schwieriger als ich berechnet hatte”, sagt John.
“Was genau?”, fragt Aisha.
“Eine Antwort auf Betrand Russells Frage zu finden.”
“Wer?”, fragt Tony.
“Ein toter englischer Philosoph”, sagt Aisha. “Er hat gesagt: Die Frage heute ist, wie man die Menschheit überreden kann, in ihr eigenes Überleben einzuwilligen.”