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Zu der Lyrik-Anthologie “Im Grunde wäre ich lieber Gedicht”


Im Grunde wäre ich lieber Gedicht Drei Jahrzehnte Lyrik Kabinett in München (dessen Lyrik-Bibliothek mit mehr als ca. 60.000 Bänden Deutschlands größte Sammlung internationaler Poesie ist), unzählige Lesungen mit unzähligen Gästen aus nah und fern – das schrie förmlich nach einer Anthologie, aber allzu oft verhallen solche Schreie wohl ungehört oder werden barsch, vielleicht mit einem schmalen Jubiläumsheftchen, abgewatscht.

Nicht so in diesem Fall, einem Glücksfall für alle Poesie- und Lyrikliebhaber*innen. Denn Michael Krüger und Holger Pils haben eine Anthologie herausgegeben, die in Umfang und Akkuratesse tatsächlich eine Vorstellung davon geben kann, was für eine wichtige und inspirierende Institution das Lyrik Kabinett war und ist und was für spannende Veranstaltungen dort stattfanden und -finden – nebst einem wunderbaren Einblick in die verschiedensten Formen und Richtungen der Lyrik, deutschsprachig und international.

Das Buch geht chronologisch vor. Während im unteren Bereich der Buchseite eine Liste mit den Veranstaltungen des Jahres mitläuft, sind darüber Gedichte (nebst Original, falls sie aus einer Fremdsprache stammen) abgedruckt, die von einem/r Autor*in stammen, die an einem dieser Termine gelesen hat/Thema der Veranstaltung war. Die jeweiligen Jahreskapitel werden eingeleitet von kurzen, meist poetologischen Abschnitten aus Reden und Essays von Dichter*innen.

Nur wenige Anthologien sind in Sachen Lyrik unverzichtbar, aber der Hanser Verlag beschenkt uns seit einer Weile mit einigen solcher Anthologien, sei es zur italienischen Dichtung („Die Erschließung des Lichts“), zum Minnesang („Unmögliche Liebe“) oder zur europäischen Dichtung („Grand Tour“) – bald kommt eine umfassende Anthologie zur Dänischen Lyrik („Licht überm Land“) hinzu. „Im Grunde wäre ich lieber Gedicht“ ist ein weiterer dieser kostbaren Schätze, dem ich jeder/m ans Herz legen möchte. Es ist nicht nur selbst eine Reise, sondern lädt durch die Auflistung der vielen Namen am unteren Rand auch zu weiteren Reisen in die große, weite Welt der Lyrik ein.