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Zu den Gedichten von Spoon Jackson


Felsentauben “Ruhelos, nicht schlafen können
Schlüssel, Gitter, die Gewehre werden geladen
Jahr für Jahr
Endlose Echos
von Stahl, der Stahl küsst”

Seit er 19 ist hat Spoon Jackson in einem halben Dutzend kalifornischer Gefängnisse gesessen, denn mit 19 wurde er wegen Mordes (von einer rein weißen Jury) verurteilt, nachdem er bei einer häuslichen Auseinandersetzung jemanden erschossen hatte (Mord geht, juristisch gesehen, von Vorsatz aus). Das Urteil lautete damals lebenslänglich, mit dem Zusatz: ohne die Möglichkeit vorzeitiger Entlassung. Ein Todesurteil, ein langsames.

Eines Tage begann Jackson, angeregt durch Poetik-Kurse im Gefängnis, Gedichte zu schreiben (später spielte er außerdem in einer Theateraufführung von Warten auf Godot im Gefängnis mit). In diesem Band, erschienen in der Edition Offenes Feld, finden sich einige dieser Gedichte + die autobiographische Darstellung “By Heart”, alles übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Rainer Komers, der über lange Jahre im brieflichen Kontakt mit Jackson stand, nachdem er den Film “Three Poems by Spoon Jackson” des Regisseurs Michael Wenzer gesehen hatte.

Es sind Gedichte, die zwischen einer klaren und doch auch träumerischen Bildsprache und biographischen Schilderungen im narrativen Tonfall hin und her pendeln; Neruda und Bukowski könnte man die Achsen nennen, zwischen denen die Kurven der Gedichte ausschlagen. Erinnerungen und der Traum von, der Wunsch nach Freiheit, vermischen sich.

Natürlich handelt Spoons Poesie von seinem Schicksal, aber sie ist in ihren besten Momenten ein Beispiel für die konzentrierte Form unangetasteter Lebendigkeit, seine Gedichte sind Kassiber, Widerstandsmomente gegen Willkür, selbst wenn diese in den Versen gleichzeitig eingestanden wird. Die Lektüre lohnt sich, sowohl um eine außergewöhnliche Lebensgeschichte kennenzulernen, als auch für die gesetzte, immer wieder nachdrückliche Kraft der Gedichte.

“Ich gehe, wo der Wind sich verbirgt,
Wenn er nicht weht.

Ich verfolge, wie die Wolken
Den Mond verschlingen.
Ich erlebe meine Gedanken,
Meine Gefühle, meine Liebe
Wie Meereswellen, die gegen Schiffe krachen.”