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Zu “Die Schule am Meer” von Sandra Lüpkes


Die Schule am Meer Es ist schon ein besonderes Buch, mit dem Sandra Lüpkes uns da beglückt hat. Ich habe schon einige Bücher über die Zeit der Weimarer Republik gelesen und auch einige Romane, die in dieser Zeit spielen (hervorzuheben sind hier u.a. „Die neuen Bekenntnisse“ von William Boyd und „Das Brandmal“ von Emmy Hennings, Lion Feuchtwangers „Erfolg“ und Romane von Irmgard Keun und Vicki Baum).

Die meisten dieser Bücher spielen jedoch in Städten (meist in Berlin) oder haben deren Bevölkerung im Blick und das Gesellschaftspanorama ist dadurch immer etwas zu fixiert, zu wenig fließend, da vor allem Gruppen genannt und gegeneinander ausgespielt/sich gegenübergestellt werden. Dies eben ist die große Qualität von „Die Schule am Meer“, das hier, in dieser Darstellung einer Enklave, eines Mikrokosmos, alle bekannten Konflikte der Zeit vorhanden sind, aber von Individuen ausgetragen werden, die nicht nur eine Zugehörigkeit haben, sondern vielschichtige Figuren sind.

Das verwässert aber die Problematiken und auch die langsame Zuspitzung der Ereignisse und Umstände nicht, sondern intensiviert im Gegenteil die Konflikte und ihre Wirkungen auf die Leser*innen; die individuelle Tragödie geht unter die Haut, weil sie erfahrbar ist und mit einer konkreten Geschichte verknüpft, die ein vielfältiges Identifikationspotenzial bereithält.

Insofern ist dieses Buch, wie gesagt, ein Glücksfall. Es gibt zwar durchaus einige Kritikpunkte, die angebracht werden können (so wurde hier und da einiges an Potenzial verschenkt, was die Beziehungen zwischen den Figuren angeht und überhaupt erscheinen manche Figuren in einer Szene sorgsam entworfen, in einer anderen etwas zu schematisch), aber alles in allem ist dies tatsächlich ein Roman, von dem man sagen kann, dass er einen neuen Aspekt bereithält, ein neues, interessantes Licht auf die Zeit der Weimarer Republik, ihre Gesellschaft, ihre Ideen, ihre Charaktere wirft.