“Am Anfang wurde das Universum erschaffen – das machte viele Leute sehr wütend und wurde allgemein als Schritt in die falsche Richtung angesehen“, heißt es in Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“. Aber jetzt ist es nun mal da und wir mittendrin. Und auch wenn Douglas Adams opus magnum durchaus noch einige Vorschläge bereithalten würde, wie wir mit diesem Universum umgehen können und sollen, werde ich mich jetzt doch lieber dem Buch von Florian Freistetter zuwenden, das uns in Sachen Universum vor allem zweierlei vermittelt: Staunen und Dimensionen.
Auf der Erde und unter Menschen ist die Idee des Daseins unauflösbar verknüpft mit dem Begriff des Himmels (sowohl in seiner profanen, als auch in allen metaphysischen Bedeutungen), unter dem (noch) alle Menschen ihr Leben beginnen, zum großen Teil führen und (soweit mir bekannt) bisher auch immer beendet haben. Er begrenzt unsere „Welt“ – alles jenseits des Himmels (seit wir wissen, dass es ein jenseits davon gibt) ist das Universum (wobei auch wir eben eigentlich im Universum leben). Dieses Universum haben wir schon immer wahrgenommen, lange Zeit allerdings weniger im Detail, sondern vor allem als Sternenhimmel.
Es liegt also nah, Geschichten über das Universum (und unsere Beziehung zu diesem) am Beispiel von 100 Sternen zu erzählen – nicht nur, weil sie die Himmelskörper sind, die diese Beziehung schon am längsten prägen und begleiten, von frühen Mythen bis zur Quantenphysik, nein, man kann sie durchaus auch als Dreh- und Angelpunkt des Universums, wie wir es bisher sehen und verstehen, bezeichnen. Was meint: in Geschichten und Entdeckungen, die mit Sternen zusammenhängen, kann man auch die meisten anderen Phänomene schildern, die das Universum ausmachen. Und genau das tut Freistetter.
Und er tut es mit einem großen Gespür für Anschaulichkeit und beweist, das will ich unbedingt positiv hervorheben, trotz seines Fokus auf physikalische und astronomische Themen immer wieder ein sehr sensibles Bewusstsein für das Einbringen von kulturellen Kontexten und aktuellen wie historischen Bezügen (darunter auch Ungerechtigkeiten und Fragwürdigkeiten), mal explizit, mal inhärent, wodurch das ganze Buch zu einer sehr angenehmen und auch erfreulich diversen Lektüre wird; dazu gesellt sich noch ein feiner, lockerer, unaufdringlicher Humor, der allerdings nie ins Kraut schießt, stets nur den Stil abrundet. Allerhöchstens die Kapitelenden sind mitunter etwas zu betont versöhnlich, lieblich.
Die 100-Sterne-Geschichten haben zwar nicht alle dieselbe faszinierende Wirkung, alles in allem liefert das Buch aber durchweg spannende und interessante Einblicke in unseren Kosmos und in die Verfahren der Astronomie. Viele Themen wiederholen sich (was dem geschuldet ist, dass Freistetter die Kapitel möglichst autonom gestalten wollte), aber das stört eigentlich nicht, sondern bringt im Gegenteil einen Lerneffekt mit sich – mit jeder Geschichte findet man sich also schon ein bisschen besser in der Materie zurecht.
Die Themenkomplexe in Freistetters Sternengeschichten reichen von theoretischen Überlegungen bis zu praktischen Entdeckungen, von dunkler Materie bis zu schwarzen Löchern, von Methodenbeschreibungen bis zum Erzählen von mythischen Geschichten. Im Zentrum steht immer die Beschaffenheit des jeweiligen Sterns und warum er in einem oder mehreren Kontexten spannend für die Wissenschaft und/oder bedeutend für die Historie ist/war. Manche Sternen tragen Namen, viele nur Katalogbezeichnungen, einige sind bekannte Himmelslichter, einige sind selbst von der Wissenschaft nur auf Umwegen verzeichnet worden.
Man lernt eine Menge über den Kosmos und die Menschen und Instituten und Maschinen, die ihn untersuchen und erforschen, und mir kam es nie mühsam vor, dieses Wissen zu begreifen oder zumindest aufzunehmen. „Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“ gehört zu jenen wunderbaren Büchern, die irgendwo zwischen Populärwissenschaft und Fachlektüre stehen, und einen zwar in fremde Welten entführen, aber dabei auch eine Vorstellung von realen Gegebenheiten und jede Menge Informationen vermitteln. Auch sehr schön: hinten im Buch befindet sich ein ganzes Verzeichnis mit weiteren Büchern, also Möglichkeiten, die Lektüre zu vertiefen! Fazit: ein tolles, tolles Buch!