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Zu “Die 200 häufigsten Fragen an Ärzte” von Dr. Christian Jessen
Dr. Christian Jessen hat eine bemerkenswerte Karriere vorzuweisen. Er praktiziert nicht nur als Arzt und gilt als Kapazität auf den Gebieten Malaria und Aids, sondern ist auch als Fernsehmoderator und Schauspieler in verschiedenen Serienformaten aufgetreten. Gleichwohl hat seine Biographie auch einige Schönheitsfehler (so unterstützte er die Kandidatur von Boris Johnson bei den Wahlen für den Vorsitz der konservativen Partei Großbritanniens und hat sich in der Corona-Krise mit seinen durchaus rassistischen Aussagen über Italiener*innen nicht mit Ruhm bekleckert, außerdem gab es einige weitere Kontroversen, über die man sich auf seiner englischen Wikipedia-Seite nachlesen).
Jedoch rechtfertigt keine dieser Kontroversen einen nachdrücklichen Zweifel an seiner medizinischen Kompetenz. Und auch wenn in Zeiten des Internets enzyklopädische Werke mehr und mehr an Bedeutung verlieren, so ist „Die 200 häufigsten Fragen an Ärzte“ dennoch als Schmöker und kleine Auffrischung des Allgemeinwissen durchaus zu empfehlen, zumal es weder zu fachlich noch auf irgendeine Weise zu klinisch daherkommt.
Der Inhalt ist unterteil in verschiedene Kapitel, in denen einige Fragen zu Symptomen und generellen körperlichen Defiziten (oder als solchen empfundenen) beantwortet und auch klassischen Allgemeinplätzen auf den Zahn gefühlt wird. Beispiele aus letzter Kategorie: Fallen beim Niesen die Augen heraus, wenn wir sie nicht schließen? Schadet es den Augen bei schlechtem Licht zu lesen? Warum verlernen wir das Fahrradfahren nicht? Gibt es tatsächlich Möglichkeiten seinen Penis zu verlängern/vergrößern? Ist der Schlaf vor Mitternacht tatsächlich besser? Was ist eine weibliche Ejakulation?
Wer also beim nächsten Mal mit Wissen punkten oder allgemein ein paar Allgemeinplatzriffs demnächst bewusster umschiffen will, der macht mit diesem Buch nichts falsch; zusätzlich aufgelockert wird die ansonsten meist sehr problemorientierte Lektüre noch durch einige Top 10-Listen, darunter: „Die überflüssigsten Körperteile“, „Die berühmtesten konservierten Körperteile“ oder auch „Die besten Nahrungsmittel“. Sicherlich sind Jessens Ratschläge und Einschätzungen nicht in jeder Hinsicht maßgeblich oder erschöpfen ihre Themen, aber er hat eine gesetzte und geduldige Art, die meist ein Vertrauen in seine Sicht auf die Probleme bewirkt.
Blog über die Lektüre des Dudens
Mein Bruder bloggt neuerdings, hier: http://woerterbucht.blogspot.com/2018/09/willkommen-in-der-worterbucht.html
Kleine Empfehlung zu Charles Simmons und “Belles Lettres”
Bedauerlicherweise ist Charles Simmons, der nicht nur mit diesem Buch ein kleine feine Freude für Literaturfreunde, sondern mit Salzwasser auch einen geradezu großartigen Roman über die Jugend und mit Geständnisse eines ungeübten Sünders erstklassige Unterhaltung vorgelegt hat, in seiner Heimat, wie auch hier in Deutschland, größtenteils noch ungerühmt. Vielleicht liegt dies an seinem schmalen Werk, vielleicht an seinen eigenwilligen Ideen in Sachen Schreibkunst – so gibt er in diesem Buch zum Beispiel jeder Figur einen ‘sprechenden’ Nachnamen (z.B.: Frank “Page”, natürlich nicht übersetzt, weil es atmosphärisch irgendwie daneben gewesen wäre), oder an seinen unkomplizierten Erzählstrukturen; doch das sind alles mehr oder weniger Fehler, die man nur findet, wenn man sie ankreidet.
Ich finde gerade diesen Roman, der die Geschichte eines Literaturblattes anhand seiner Herausgeber, Höhepunkte und Anekdoten erzählt, auch wenn er von allen Seiten mit ein bisschen Kleinlichkeit Schwächen offenbart, sehr gelungen. Es ist ein so freudiges Stück Literatur, dass man versucht ist, es in einem Schwung durchzulesen. Dabei kümmert weniger die Chronologie der Geschichte, als all die Ideen, die Simmons in seinen Roman einbindet, offenkundig, um dem Leser eine Freude nach der anderen zu bereiten. Egal ob es Bürointrigen, schwule Shakespearesonette, gefälschte Bestsellerlisten oder ein satirische Lesung aus dem neusten Jahrhundertroman ist – jedes Kapitel verspricht eine neue Wendung.
In der fiktiven Redaktion von Belles Lettres kann man vielleicht nicht den Besten Einblick in die Literaturzeitschriftenszene gewinnen und auch mag man am Ende nicht sagen können, ob dies Buch Farce, Märchen, Satire, Roman oder nacherzählte Realität ist, doch auf jeden Fall wird man so unterhalten, dass man nicht auf die Idee kommt, es gäbe mehr, was sich von einem wunderbaren Leseabend erwarten ließe.