Ich bin ja immer dafür, dass man eine Verfilmung (egal ob von einem Roman, Theaterstück oder, wie hier, von einem kongenialen Computerspiel) als Neuinterpretationen auf filmischer Ebene ansieht; man nimmt die wichtigsten (und so viele wie sonst noch möglichen) Aspekte und versucht das Feeling, die Botschaft, die Charaktere einzufangen und gut zu arrangieren. Max Payne wahrhaft zu verfilmen wäre eine Mammutaufgabe gewesen und letztlich wahrscheinlich nicht zu schaffen; das Spiel an sich ist ja schon eine Art Film in Eigenregie.
Trotzdem sind die maximalen Möglichkeiten einer Filmversion hier eindeutig nicht ausgenutzt worden. Zu vieles wurde zu halbherzig aufgenommen, vieles unoriginell in Szene gesetzt. Es bleibt die Enttäuschung, trotz der Ansätze.
Dass der Film eine eigene Interpretation darstellen sollte, sieht man glaube ich schon an der Ausrichtung des Charakters, der Verkörperung durch Mark Wahlberg. Frei nach dem PC-Spiel, verkörpert er Payne erstmal als eine gezeichnete Figur, ein “not lucky enough for luck, but to tough to die” Charakter – weswegen der Nachname der Figur ja auch “Payne” lautet, was sich immer wieder mit vollendeter Lakonie doppeldeutig ins Spiel einflechten ließ. Dieser Teil der Figur wird nicht schlecht (auch nicht perfekt, aber dennoch gut) inszeniert; ganz selten kommt er auf dieser Seite dem Original sogar nah.
Die unterkühlte Distanz, die damit einhergeht, dieser mangelnde Ausdruck, ist aber schon wieder völlig “unpaynelike”. Wo ist diese schwarze Ironie, die düstere Magie und Lakonie der Sprache in Verbindung mit der Bildgewalt von Nacht und Abgrund; wo der kugelschmale Witz und die filigrane Abgedrehtheit? Die sucht man vergeblich. Szenisch hätte man hier mit Comiceinschnitten à la Original und mit Original Off-Texten noch einiges rausholen können. Außerdem hätten Figuren wie Vladimir Lem (den ich wirklich vermisst habe) und Vinnie Gognitti 1a für einen Film getaugt – geradezu unumgänglich, hätte ich gedacht. Gut, das wäre dann ein ganz anderer Film geworden. So jedoch fehlt dieser Teil der Figur Max Payne fast völlig (das meinte ich in der Überschrift mit: zu wenig Max). Kalte Coolnes statt Lässigkeit, dumpfe Härte statt charmant-eiserner. Alles geht nur in diese eine Richtung.
In der Handlung konzentriert sich der Film wiederum sehr stark auf die Droge Valkyr. Aha, werden jetzt manche denken: Das geht doch in die richtige Richtung. Aber nein, auch hier wurde vieles umgemodelt und neu orientiert. Wiederum ist das natürlich nicht grundlegend schlecht zu bewerten und macht auch keinen schlechten ersten Eindruck. Die Story wird eingeleitet, die Charaktere vorgestellt und auch der klassische Verschwörungskniff ist enthalten. Im Aufbau ahnt man zumindest eine gelungene Verfilmung dieses Aspekts.
Jedoch: Manko: Der Film ist viel zu kurz, um die payneschen Ausmaße anzunehmen, mit der Verfolgunsjagd, den Widersachern, dem Rätsel. Auch die Rolle, die Wahlberg/Max dabei spielt, ist verschwindend gering gehalten, der Film ist keine echte Suche, eher schon das Finale. Nebenbei wird auch viel Filmzeit verschwendet, auf Sachen, die zwar gut gemacht sind, aber nur wichtig wären, wenn sie in konkreten Zusammenhängen ständen (die, wenn überhaupt, nur sehr lose geknüpft sind – als würde man sie für selbstverständlich und selbsterklärend halten). Auch einige Logiklücken (nicht nach Art von: “so viele Kugeln, warum trifft den keine?”, sondern nach Art von: “Häh, warum macht der jetzt nicht das und das?”, oder: „wo gehört diese Figur in das Ganze eingeordnet?“)
Viel wurde hier über die Zeitlupe geschrieben. Für das Spiel Max Payne ist sie sicher unverzichtbar (wobei es manchmal fast schade ist, dass es von außen her nur darüber definiert wird – da ist ja noch viel mehr) – in einem Film hätte es mich ehrlich gesagt genervt, wenn sie zu häufig vorgekommen wäre. Hier finde ich die Richtung, die der Film einschlägt – mit sparsamer Verwendung und gestylten Actionszenen – wirklich gut. So kommen die wenigen Szenen auch viel besser rüber und sogar ein wenig echtes Feeling kommt auf.
Feeling, welches leider auf offenem Feld steht, inmitten einer von Hollywood verkorksten Leere. Optik: nicht übel; neue Interpretation der Valkyr-Droge: auch nicht schlecht. Aber wer das Spiel gespielt hat, sehnsüchtig auf vertraute Sprüche, anti-heldische Ironie oder einfach auf ein Dichte der Atmosphäre wartet, die das Spiel erreichte, der wird am Ende den Kopf schütteln. Das Ende versöhnt da auch nicht mehr, wenn es auch fast wie eine Max Payne-Geste scheint – aber es bleibt der üble Nachgeschmack, das Gefühl: zu viel Füllmaterial, zu wenig von dem unverwechselbaren Glanz, zu viel Austauschbares.
Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, wird einen mittelmäßigen Film sehen, der ein größeres Potential andeutet. Wer das Spiel kennt, wird das verschenkte Potential mit den Fingern greifen können.