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Zu “Cinemaps” von Andrew DeGraff und A. D. Jameson


Cinemaps„Dieses Buch und seine Bilder sind eine Hommage an all die talentierten Menschen hinter den Kulissen meiner Lieblingsfilme. Bevor ich wusste, was ich einmal werden würde, wusste ich, dass ich so sein wollte wie sie.“
(Aus dem Vorwort)

Andrew DeGraff zeichnet schon seit einigen Jahren großartige Illustrationen und Landkarten für verschiedene Magazine und mit verschiedenen Stilen – es lohnt sich, einmal seine Arbeiten online zu begutachten.

Und es lohnt sich auch, dieses Buch anzuschaffen. Hier hat DeGraff eine spezielle Sparte seiner Kunst (und seiner Leidenschaft) in den Fokus gerückt: Cinemaps. Das sind Landkarten, auf denen alle Orte aus einem Film (oder einer Film-Trilogie) aufgezeichnet sind, verknüpft und verbunden durch Linien, die die Bewegungen der einzelnen Protagonist*innen (jeweils einer Farbe zugeordnet) darstellen. (Einige Regisseure, u.a. J. J. Abrams, haben bereits Drucke von Karten zu ihren eigenen Filmen gekauft.)

Für dieses Buch hat er fünfunddreißig Karten ausgewählt (aus etwa zweihundert; u.a. mit dabei sind Star Wars, Herr der Ringe, aber auch Filme wie Metropolis, Rushmore von Wes Anderson, Guardians of the Galaxy und Der unsichtbare Dritte von Alfred Hitchcock) und außerdem den Essayisten A. D. Jameson gebeten, zu jedem der Filme eine kurzen Text zu schreiben.

Diese Essays sind ein großer Gewinn, denn Jameson gelingt es, einem die Kunstfertigkeit der Filme vor Augen zu führen, wie sie gearbeitet sind, und gleichzeitig ihre Schönheit und ihren besonderen Zauber zu unterstreichen (auch der Übersetzer Berni Mayer hat hier allem Anschein nach sehr gute Arbeit geleistet); sie sind halb deskriptiv, halb hymnisch. Zusammen mit dem sympathischen Vorwort von DeGraff bieten sie ein wunderbares Geleit zu den großartigen Karten, die vom Zeichner auch in einigen Details erläutert werden.

Es ist eines dieser Liebhaber*innenbücher, etwas für Geeks und Nerds, für Freund*innen des Kunstdrucks und der Cineastic; einziger Wermutstropfen ist der Superlativ im Titel, der wirklich nicht hätte sein müssen. Es sind tolle Filme, aber nicht die 35 besten, das behaupten nicht mal die Autoren. Abgesehen davon kann ich nur sagen: es lohnt sich. Es ist ein Buch, das man immer wieder aus dem Regal ziehen wird, weil man diese Filme auch immer wieder sehen wird. Alle weitere Überzeugungsarbeit überlasse ich dem Autor:

„Mittlerweile könnten Sie zu der Meinung gelangt sein, dass ich ein ziemlich nostalgischer Typ bin, und ich möchte Ihnen da gar nicht widersprechen. Vielleicht ist dieses ganze Unterfangen auch einfach der eigennützige Versuch, die wunderbaren Erfahrungen meiner Kindheit noch einmal zu erleben. Betrachten Sie es als eine Art Einladung. Oder, ohne die Metapher überstrapazieren zu wollen: eine Eintrittskarte für unsere kollektiven Kindheitserinnerungen, egal, welcher Altersgruppe wir angehören. […] Es ist ein popkulturelles Familienalbum. Also nehmen Sie Platz, und erinnern Sie sich – nicht nur an die fiktiven Welten der Filme, sondern auch an Ihre ganz reale Welt, als Sie sie zum ersten Mal sahen. Den klebrigen Fußboden im Kino, den fleckigen Wohnzimmerteppich, den alten Fernsehsessel mit der Tagesdecke. […] Ich hoffe, dass diese Karten und Essays es ermöglichen, zu diesen Momenten zurückzukehren. Und dass sie unsere Liebe zu jenen Filmen vielleicht noch vertiefen, indem sie uns vor Augen führen, warum sie so gut sind.“
(Aus dem Vorwort)

Star Wars Cinemaps

Zu einem großartigen Debüt!


Auf fixpoetry erschienen: Eine Rezension zu einem grandiosen Debütbuch, das Hirn und Universum gleichermaßen aus den Angeln hebt – Raphaela Edelbauers Poetik Entdecker.

Was mir von Grass gefällt – Vier Gedichtbände


I – Die Vorzüge der Windhühner (1956)

“Brüder, Brüder, alle ihr Magenkranken,
die ihr da salzlos und von Gedichten lebt,
niemand, kein Uhrmacher will mehr die Sanftmut,
eine törichte Spieluhr reparieren.”

Günter Grass erste Publikation überhaupt war eine lyrische und er hat immer wieder betont von der Lyrik gekommen zu sein – was man ja in der Prosa auch deutlich spüren kann; er ist ein Poet, manchmal ein allzu bemühter und brachialer, doch seine besten Werke halten sich die Waage zwischen Prosa und Lyrik.

So sind natürlich auch diese ersten Gedichte, sozusagen im Gegenzug, voller Prosaelemente und tragen erzählerische Züge. Gottfried Benn, so erfuhr Grass später (berichtet in dem bei Suhrkamp erschienenen Interviewband “Das erste Buch“), hatte in den Gedichten bereits einen Erzähler erkannt, als Grass mit seinem Blechtrommelmanuskript noch in den Anfängen steckte.

“Die Tage schrumpfen, Äpfel auf dem Schrank,
die Freiheit fror, jetzt brennt sie in den Öfen,
kocht Kindern Brei und malt die Knöchel rot.”

Ist Grass ein guter Lyriker? Ein eindeutiges Ja. Doch leider einer, der nicht immer gute Gedichte schreibt. Denn ist ein gutes Gedicht ein Gedicht voller Kontraste, voller Bilder- und Wortschöpfungen, jedoch auch voller Blendwerk und Hermetik? Wenn ja, dann gelängen Grass fast nur hervorragende Gedichte. Sollte die Definition von einem guten lyrischen Werk allerdings ein halbwegs verständliches und trotzdem tiefsinniges/stimmiges/philosophisches Gedicht bedeuten, dann gelingt ihm ein solches zwar in regelmäßigen Abständen, aber eindeutig nicht immer.

Grass Credo scheint gewesen zu sein, sich ganz seiner Idee von einem Gedicht, von Poesie hinzugeben, was mal positive, mal negative Aspekte hat. Bei vielen Texten wirken die Zeilen wie einzelne, lyrische Windstöße:

“Versuche mit Tinte,
Niederschriften mit Rauch
halb erwacht
im Dickicht süßer Gardinen.
Die Straße, den Notverband wieder aufgerollt,
weil die Wunde juckt,
weil die Erinnerung sich stückeln lässt und längen,
so eine Katze unterm Streicheln.”

“Spiegel üben laut Natur”

“Vorsicht, der Wind schläft in Tüten.”

Was ja nicht schlecht ist, und auch nicht frei von poetischem Entzücken. Und natürlich ist auch nicht jedes Gedicht so lyrisch-schwirrend. Aber die Texte dieser Art überwiegen doch.

“Kinder, noch nicht, oder schon, oder fast, wenn nicht zuvor
– viele werden gezeugt, ein Teil geboren,
können nicht mehr zurück, es sei denn,
sie finden das Streichholz oder ein einsilbig Messer. –
Anna, Anna, Anna, eben trankst du noch Milch,
jetzt fließt du rot und davon.”

Es gibt bereits ein paar gute Gedichte, es gibt ein paar perfekte Zeilen. Mehr können die meisten Dichter nicht liefern und mehr sollte man auch wohl nicht von ihnen verlangen. Sprachlich ist Grass immer noch, und war es schon zu Anfang, ein eigenwilliger Virtuose. Wer diese Virtuosität in der Lyrik schätzt, kann sich heranwagen; wem diese (angebliche) Bedeutsamkeitshudelei immer schon gestunken hat, der wird sich hier nur bestätigt finden und die kleinen Geniestreiche vermutlich übersehen.

“Wir warten den Regen ab,
obgleich wir uns daran gewöhnt haben,
hinter der Gardine zu stehen, unsichtbar zu sein.”

II – Ausgefragt (1967)

“Ohnmacht, dein Nadelöhr ist der Gesang.”

“Mein großes Ja bildet Sätze mit kleinem Nein.”

“Ohne Kehrseite
doch rückversichert,
immer ein bisschen ich.”
[…]
“Ein leeres Haus im Rücken
und die Gewissheit trocknender Strümpfe;
draußen mühen sich altbekannte Gewitter ab.”

Günter Grass dritter Gedichband ist ein wahres Meisterwerk der virtuosen Sprachbilder; über weite Flächen kann man der Kraft seiner Bilder, dem Fluss seiner Kontraste kaum widerstehen oder entgehen.

“Und deine Hoffnung? – Log die Wüste grün.
Und deine Wut? – Sie klirrt als Eis im Glas.
Die Scham? – Wir grüßen uns von fern.
Dein großer Plan? – Zahlt sich zur Hälfte aus.
Hast du vergessen? – Neuerdings, mein Kopf.
Und die Natur? – Oft fahr ich dran vorbei.
Und die Menschen? – Seh ich gern im Film.
Sie sterben wieder. – Ja, ich las davon…”

Man kann auf viele verschieden Arten gute Gedichte schreiben und bis zu diesem Gedichtband dachte ich, Grass Stärke liege in kurzen, komprimierten Gedichten; nach der Lektüre von “Ausgefragt” bin ich bereit zu glauben, dass die Stärke seiner besten Dichtungen aus der Kombination seiner im eigenen (in der Prosa oft lyrischen, in der Lyrik eher epischen) Virtuosität und dem Einfallsreichtum seiner Sprach- und Bildassoziationen erwächst. Grass hat, dass muss man nach der Lektüre dieses Bandes absolut eingestehen, ein Händchen für lyrische Intonationen – hier kombiniert er sie dann und wann zusätzlich noch mit dem Aspekt des Wort- und Formspiels, was den Texten eine nicht ganz so bitter ernste oder verkopfte Note gibt, wie sich bei Grass sonst oft einschleichen kann.

“Neue Standpunkte fassen Beschlüsse
und bestehen auf Vorfahrt.
Regelwidrig geparkt, winzig,
vom Frost übersprungen,
nistet die Armut.
Ihr ist es Mühsal, Beruf,
die Symmetrie zu zerlächeln:
Alles Schöne ist schief.
Uns verbinden, tröste Dich,
ansteckende Krankheiten.
Ruhig atmen – so –
und die Flucht einschläfern.
Jeder Colt sagt entwederoder…”

In diesem Band taucht des weiteren auch erstmals eine andere Seite des Dichters Grass stark und unverhüllt auf: sein schriftstellerisches Engagement, das stark auf seine Lyrik übergreift; so nehmen sich manche Zeilen aus, als könnten sie von Brecht oder auch von Erich Fried stammen:

“Wir lesen Napalm und stellen und Napalm vor.
Da wir uns Napalm nicht vorstellen können,
lesen wir über Napalm, bis wir uns mehr
über Napalm vorstellen können.
Jetzt protestieren wir gegen Napalm.
[…]
Aber es gibt, so lesen wir,
Schlimmeres als Napalm.
Schnell protestieren wir gegen Schlimmeres.”

Die Zahl der enthaltenen Gedichte ist allerdings nicht besonders groß, doch immerhin hat der größte Teil davon etwas Zeitloses und wirkt, trotzdessen jeder der Texte schon ca. 45 Jahre alt ist, sehr unverbraucht. Viele könnten auch heute geschrieben werden und viele sind es wert wieder gelesen zu werden und nicht in Vergessenheit zu geraten.

“Schreib keinen Brief,
Brief kommt ins Archiv.
Wer den Brief schreibt,
unterschreibt,
was von ihm einst überbleibt.”

Ich empfehle den Lyriker Grass mit diesem Band kennen zu lernen. Viel von diesem Schriftsteller kann man getrost zum Teufel jagen – umso wichtiger nicht in eine Verallgemeinerung zu verfallen und sich zu greifen, was an Gutem zu haben ist.

“wenn um den Fußball Urlauber zelten
und der Nation verspielter Blick
große Entscheidungen spiegelt,

wenn Zahlenkolonnen den Schlaf erzwingen
und durch die Träume getarnter Feinde
atmet, auf Ellbogen robbt,

wenn in Gesprächen immer das gleiche Wort
aufgespart in der Hinterhand bleibt
und ein Zündhölzlein Mittel zum Schreck wird,

wenn sich beim Schwimmen in Rückenlage
himmelwärts nur der Himmel türmt,
suchen die Ängstlichsten rasch das Ufer,

liegt plötzlich Angst in der Luft.”

III – Fundsachen für Nichtleser (1997)

“Das Glück, so heißt es, ist eine Fundsache.”

“Alles, was abseits der Buchstaben

wie von Sinnen ins Auge fällt:
dieses Dingsda,
krumme Nägel oder Krümel,
die ein Radiergummi hinterließ.”

Gedichte und Aquarelle enthält dieser Band, der zu Grass 60tem Geburtstag erschien.

Nur Gedichte in den Größenordnungen von 3-10 Zeilen, dazu Buntes bis Graues. An der kurzen Leine hält Grass hier seine Worte, ebenso wie den Anspruch und es hat im Gut getan, nicht um Bedeutung zu ringen.
Ich hatte schon während der Lektüre vorheriger Gedichtbände den Verdacht, dass Grass ein Meister der kurzen Form sein könnte. Und wahrlich er ist es. Diese netten kleinen Streifzüge durch Gedanken-, Phantasie- und echte (erinnerte) Welten, sind schön, manchmal geistreich, sowohl lyrisch, als auch erzählend, und auf einzigartige, verschrobene Weise sogar subtil.

“-Jeden Morgen-

begegnet mir, auf dem Weg zur Heide,
ein Ameisenberg, dem ich nicht begegne,
denn er setzt seinen Betrieb fort
und hört nicht auf mein Krisengerede.”

Ich kann nur jedem raten seine Begegnung mit dieser beschaulichen Sammlung von Kurzgedichten nicht länger herauszuschieben; egal ob sie nun alle wahr sind oder doch gelogen.

“-Meine alte Olivetti-

ist Zeuge, wie fleißig ich lüge
und von Fassung zu Fassung
der Wahrheit
um einen Tippfehler näher bin.”

Kurz und knapp: Zusammen mit “Ausgefragt” die beste lyrische Arbeit von Grass. Zum Blättern, Vertiefen, Überfliegen und Zitieren. Eine wirklich gute, irgendwie auch erstaunliche Sammlung!

“-Für dich-

Meine leeren Schuhe
sind voller Reisepläne
und wissen Umwege,
die alle zu dir führen.”

IV – Letzte Tänze (2003)

Die letzte gute lyrische Arbeit von Grass – seine Hommage an die Symbiose des Tanzes mit eigenwilligen Einschlägen. Teilweise fast zärtlich.

“Der Herr knickt die Dame,
nein, biegt sie, so beugsam die Dame,
der Herr gibt sich steif.

Zwei Körper, die eins sind, doch nichts
von sich wissen, geschieden in Treue,
in Treue vereint.

Die Hand in der Beuge, gedehnt tropft die Zeit,
bis plötzlich die Uhr schlägt:
fünf eilige Schritte.
[…]
Das ist der Tango, die Diagonale.
Aus Fallsucht zum Stillstand.
Ich höre dein Herz.”

Ich denke dieser Teil aus Tango Nocturne kann sehr gut die Feinheiten der grassschen Lyrik anklingen lassen. Sie liebt das Bildhafte, scheut aber stets das Offensichtliche; sie hemmt das Begreifen ab und gibt doch jede Zeile ein bisschen mehr davon in die lyrische Aufnahme.

“Erklären lässt sich vieles, doch das Ohr will Fakten,
der Priester nuschelt was von nackten
und solchen, die sich modisch kostümieren,
will hören, ob mit Menschen, ob mit Tieren,
was sonst noch ruchbar ist in staubergrauten Akten.”

Klar, Grass wäre nicht Grass wenn er nicht immer wieder provozieren und anecken würde, mit Spott, mit in der Kollekte der Zeit nachhallenden Metaphoriken, übertrieben hier, ungenau dort, auch mit dem Drang sich zu profilieren, aber ebenso mit einer Idee von Wahrheit, die man ihm nicht absprechen kann; die aber wiederum mehr in den feineren Zügen liegt, als in den grob gekachelten Anklagen – wobei auch die manchmal den Nagel treffen, der uns lange vor dem Haupte saß.

“Altes Europa! Nach so viel Walzer- und Waffenexport,
schaust du tränenblind zu.”

Und Grass wäre nun mal auch kein großer Lyriker und Erzähler, wenn er nicht seinen ganz eigenen Ton hervorgebracht hätte. Seine lyrischen Werke sind eigenwillig und dabei  vielfältig, von den genialkurzen Gedichten in Fundsachen für Nichtleser, über die bestechende Sammlung Ausgefragt, bis hin zu Anfang, dem Debüt, mit dem man vielleicht beginnen sollte, um Grass Metaphorik und Lyrik zu erreichen: Die Vorzüge der Windhühner. Keine dieser Sammlungen ist veraltet, was für lyrische Werke aus dieser deutschen Periode schon eine Seltenheit ist.

Letzte Tänze ist ein rein künstlerisches Produkt, eine Symbiose aus Zeichnung und Vers, ein wunderbares Buch und Werk, um es immer wieder hervor zu nehmen und die unterschiedlichsten Texte darin zu lesen. Würde man dieses Buch in hundert Jahren in einem Antiquariat finden, ich wette man wäre als Leser und Betrachter gleichermaßen angetan. Warum aber so lange warten?

Ein Buch zum Liebhaben: Patrick Süskinds “Die Geschichte von Herrn Sommer”


“Es lebte also in dieser Gegend, keine zwei Kilometer von unserem Haus entfernt, ein Mann mit Namen Herr Sommer. Kein Mensch wusste, wie Herr Sommer mit Vornamen hieß, ob Peter oder Paul oder Heinrich oder Franz-Xaver, oder ob er vielleicht Doktor Sommer oder Professor Sommer hieß, oder Professor Doktor Sommer – man kannte ihn einzig und allein unter dem Namen Herr Sommer.”

Patrick Süskind ist trotz seines schmalen Werkes einer der vielseitigsten Schriftsteller deutscher Sprache. Beinahe alles, was er geschrieben und veröffentlicht hat, trägt den Charakter des Besonderen und sprachlich Akkuraten, aber sowohl das Besondere als auch das Sprachliche, nehmen in den unterschiedlichen Büchern sehr unterschiedliche Positionen ein.

Die Geschichte von Herrn Sommer – die durch die Bilder von Sempé vollends zu einem kleinen Werk mit großem Herz wird – ist z.B. in einem sehr lebensnahen und gleichzeitig fast kinderbuchartigen Stil gehalten, voll übersprudelnder, knapper Natürlichkeit und Einfachheit. Es ist wahrlich eine Geschichte, wie man sie auch abends am Bett des Kindes erzählen könnte, ein Märchen und doch, vexierartig, eher ein Märchen im Märchen.

Denn die Rahmengeschichte ist die Geschichte einer Kindheit, der damit einhergehenden Faszination in Entdeckungen und Freuden und des noch großen Abstandes zu manchen Dingen, die dadurch geheimnisvoll und lebendig bleiben.
Der Ich-Erzähler beschreibt auf kindliche (aber nicht kindische) Weise die Personen seines Lebens, das Dorf beim See, in dem er aufwächst, Dinge wie die erste Kinder-Liebe, Klavierstunden, Radfahren und manch anders. Gleichzeitig will er eigentlich die für ihn wichtigste „Geschichte“ dieser Zeit erzählen, die Geschichte vom Herrn Sommer… eine Geschichte traurig und gleichsam hoffungsvoll…

Das Buch ist eines der wenigen Bücher, die einem gänzlich echt erscheinen, in ihrer Erzählart/-absicht rund und gelungen, in ihrer Botschaft unaufdringlich schön. Vielleicht ist dies abschließend das einzig richtige was man sagen kann, ohne das Buch zu sehr vorwegzunehmen.
Man sollte es auf jeden Fall lesen, denn es ist ein Buch zum Liebhaben.

Link zum Buch

*diese Rezension ist in Teilen bereits auf Amazon.de erschienen