Zu “Ansichten in stillem Blau” von Barbara Weitzel & Kornelius Wilkens


cover-ansichten-im-stillen-blau Alles begann mit einer Kolumne von Barbara Weitzel in der Berliner Zeitung, in der u.a. ein „Mozzarella“ Firefox auftrat. Dieses kulinarische Browser-Tier ließ den Maler und Graphiker Kornelius Wilkens zu Stift und Pinsel greifen. Das Ergebnis gefiel Weitzel so gut, dass eine längere Kooperation entstand, in der weitere Bilder zu Texten und Texte zu Bildern entstanden (leider erfährt man bei den einzelnen Texten nicht, ob sie auf die eine oder die andere Weise entstanden). Das Ergebnis ist der schöne Bild- und Textband „Ansichten in stillem Blau“. Seinem Namen bekam der Band wohl durch die Verschmelzung aller einzelnen Kapiteltitel: „Ansichten“, „Vom Blau“, „Stille“ und „Andere Ansichten“.

Auf den Doppelseiten ist jeweils ein Bild einem kurzen poetischen Text gegenübergestellt. Nicht selten verhandeln die Texte eine Situation, die auf dem Bild dargestellt wird, manchmal sind sie wie ein Ausschnitt aus einer längeren Geschichte, wie das Fragment einer lange begleiteten Figur. Im ersten Kapitel „Ansichten“ begegnen wir vor allem kleinen Disharmonien, Einschnitten. Über die Nacht heißt es in einem Text:

„Großes – Kummer, Fragen, Reue – hat jetzt seinen Auftritt.

Ein Fluchtauto für solche Fälle gibt es nur in Filmen.“

Wunderbar auch die Ausführungen zu Geschichten:

„Geschichten, die auf einen Misston enden, sind schlechte Geschichten.
Da sind sie wie Musikstücke.

Alle warten

auf den wirklich letzten Ton.
[…]
Geschichten, die zu zart sind, um zu Ende erzählt zu werden, haben es nicht leicht.

Dabei sind sie in der Mehrzahl.“

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Im zweiten Kapitel, „Vom Blau“, dominiert auf den Bildern die Doppelassoziation aus Himmel und Wasser, und in den Texten brauen sich Fetzen von kritisierter Wirklichkeit zusammen, Sätze sind hier wie einzelne Blitze, Entladungen. Die Sprache mäandert mehr, ist nicht mehr so erläuternd und auf klare Konturen aus, wogt, fragt.

„Als man den Himmel noch durchschwimmen konnte ohne Keuchen.

Die Frage, schwerer als zig Hektoliter: Werden die Einzelnen reichen für alle.“

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Im dritten Kapitel „Stille“ weichen die Farben fast vollständig aus den Bildern, neben Grau und Schwarz und Weiß nur noch hier und da ein dunkleres Blau. Die Texte sind wieder näher an den Bildern, verhandeln wieder ihre Motive, machen aus ihnen größere Metaphern, allgemeinere Betrachtungen.“

„Der Raum braucht nicht viel Platz zum Sprechen,
doch er nimmt ihn sich wenn man ihn lässt.“

Im letzten Kapitel „Andere Ansichten“ wird dann in den Texten noch einmal ein besonderer Fokus auf die Figuren gelegt, die in den Bildern erscheinen, deren dezent bunter Stil an das erste Kapitel anknüpft.

„Ansichten in stillem Blau“ hat viele Qualitäten, die Texte sind poetisch, aber auch unbequem, dann wieder meditativ, nachdenklich und verträumt, dann wieder arbeiten sie auf ganz besondere Art und Weise sorgsam die Stimme eines Momentes heraus, den die Bilder liefern.

Gerade für Leute, die mit Poesie etwas fremdeln, ist der Band in seinem Zusammenspiel aus Bild und Text sicherlich ein gutes Geschenk. Man kann sich in ihn versenken, aber auch nur hier und da das ein oder andere Neben- und Miteinander von Wort und Graphik genießen. Fazit: ein Buch zum immer wieder anschauen und lesen und eine schöne Welterkundung mit vielerlei Ansätzen!

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